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Epilepsie

Unter Epilepsie (v. griech. ''ergreifen, packen, anfallen", im Deutschen Fallsucht genannt) versteht man ein Krankheitsbild mit mindestens zwei wiederholt auftretenden epileptischen Anfällen (Krampfanfällen), die nicht durch eine vorausgehende erkennbare Ursache hervorgerufen wurden.

Ein epileptischer Anfall ist die klinische Äußerung einer abnormen und exzessiven Entladung von Nervenzellverbänden im Gehirn. Er ist charakterisiert durch plötzlich auftretende und vorübergehende motorische Ereignisse (Zuckungen, Verkrampfung oder Versteifung der Muskeln) oder Veränderungen des Bewusstseins, der Wahrnehmung und des Gefühls. Letztere können teilweise nur vom Patienten wahrgenommen werden. Einzeln auftretende epileptische Anfälle sind von dieser Definition ausgenommen und werden auch als " Gelegenheitsanfälle" bezeichnet.

Zur Diagnosestellung wird neben der Erhebung der Krankengeschichte eine Hirnstromkurve (Elektroenzephalogramm, EEG; siehe Elektroenzephalografie) abgeleitet. Auch bildgebende Untersuchungen gehören zur Routinediagnostik, während speziellere Verfahren besonderen Fragestellungen vorbehalten sind. Die Behandlung besteht zunächst in der Gabe von krampfunterdrückenden Medikamenten (Antikonvulsiva). In therapieresistenten Fällen kommen auch andere Methoden bis hin zur Epilepsiechirurgie zum Einsatz. Eine Epilepsie hat für den Betroffenen vielfältige Auswirkungen auf das Alltagsleben, die in der Behandlung ebenfalls Berücksichtigung finden sollten. Auch bei verschiedenen Haustieren gibt es ein vergleichbares Krankheitsbild.

Anfallsformen

Die verschiedenen Verlaufsformen der epileptischen Anfälle werden nach der Definition der Internationalen Liga gegen Epilepsie (ILAE) wie folgt eingeteilt.

Generalisierter Krampfanfall

Ein Anfall wird als generalisiert bezeichnet, wenn der Verlauf und die Symptome keine Hinweise auf eine anatomisch begrenzte Lokalisation geben und keine Zeichen eines fokalen (herdförmigen) Beginns zu erkennen sind. Die generalisierten Anfälle werden in drei Untertypen unterteilt:

- konvulsive Anfälle, der typische "große" Anfall mit Bewusstseinsverlust, Sturz, Verkrampfung und anschließend rhythmischen Zuckungen beider Arme und Beine (tonisch-klonischer oder früher auch französisch "Grand-mal"-Anfall genannt), aber auch Verlust der Spannung der Muskulatur (atonischer Anfall) oder krampfhaft gesteigerte Spannung der Muskulatur (tonischer Anfall).

- nicht konvulsive generalisierte Anfälle, die Absence-Anfälle mit kurzer Bewusstseinspause ohne Sturz, früher auch französisch mit Petit-mal bezeichnet.

- myoklonische Anfälle, bei denen einzelne oder unregelmäßig wiederholte Zuckungen einzelner Muskelgruppen auftreten.

Partieller Krampfanfall

Andere Ausdrücke hierfür sind fokaler Anfall oder Herdanfall. Diese Anfallsform ist dadurch gekennzeichnet, dass es ein Zeichen für einen Beginn des Anfallsgeschehens in einer umschriebenen Region des Gehirns gibt. Dabei ist es egal, ob es zu einer sekundären Ausbreitung auf die restliche Hirnrinde kommt (sekundäre Generalisierung). Insbesondere ein Anfallsbeginn mit einer Aura hat einen hohen Aussagewert, in welcher Hirnregion der Anfall seinen Ursprung hat, denn sie sind das Ergebnis einer umschriebenen Aktivierung von Nervenzellverbänden.
  • Wenn der Patient beim Anfall wach ist und angemessen auf seine Umgebung reagiert, wird der Anfall einfach partiell genannt.
  • Wenn das Bewusstsein eingeschränkt ist und eine Erinnerungslücke oder Verwirrtheitszustände während des Anfalls oder danach auftreten, wird der Anfall komplex partiell genannt.
  • Bei manchen Anfällen kann man keine Unterscheidung zwischen einfach und komplex partiell treffen. Dann nennt man ihn partiellen Anfall unbekannten Typs.
  • Weitet sich das Anfallsgeschehen nach herdförmigen Beginn zu einem generalisierten Anfall aus, so nennt man ihn komplex partiellen Anfall mit sekundärer Generalisierung.
Aura Der Begriff ''Aura'' stammt aus dem Griechischen und bedeutet die "Wahrnehmung eines Lufthauches". Man könnte sie auch mit einem "unbestimmten Vorgefühl" umschreiben. Wenn die Aura isoliert bleibt, kann sie das einzige - subjektive - Symptom eines einfach partiellen Anfalls darstellen. Sie ist das Ergebnis einer epileptischen Aktivierung der Nervenzellen einer umschriebenen Hirnregion. Aufgrund der funktionellen Zuordnung der Symptome zu den entsprechenden Arealen der Hirnrinde kommt ihnen eine hohe Bedeutung in der Lokalisationsdiagnostik von epilepsieauslösenden Herden zu. Breitet sich die epileptische Aktivität aus, kann ein sogenannter sekundär generalisierter Anfall folgen.

Beispiele für Auren sind die sogenannte viszerale Aura, ein Aufsteigen unbestimmt unangenehmer Gefühle aus der Magengegend, als häufigste Aura bei Schläfenlappenepilepsie, ''Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Nadelstiche als Aura bei Scheitellappenepilepsie oder visuelle Halluzinationen'' bei Hinterhauptslappenepilepsie.

Multiple Anfallsformen

Wenn bei einem Patienten sowohl generalisierte als auch partielle Anfälle auftreten, so muss jeder
Anfallstyp beschrieben werden.

Unklassifizierte Anfälle

Diese Kategorie soll nur benutzt werden, wenn aufgrund fehlender Information das Anfallsgeschehen in keine der anderen Kategorien eingeordnet werden kann.

Einteilung der Epilepsien

Die verschiedenen Formen der Epilepsien werden nach einer Klassifikation der Internationalen Liga gegen Epilepsie (ILAE) eingeteilt.

Lokalisationsbezogene Epilepsien und Syndrome

Bei dieser Form der Epilepsien - auch fokal, lokale, partielle oder herdförmige Epilepsie genannt - beschränkt sich die anfallsartige Entladung zumindest zu Beginn der Anfälle auf eine begrenzte Region der Hirnrinde, sie geht von einem Herd oder Fokus aus. Im Verlauf kann sich die Anfallsaktivität aber auch ausbreiten und schließlich die gesamte Hirnrinde erfassen. Dann spricht man auch von einem sekundär generalisierten Anfallsleiden.

Idiopathisch ''Idiopathisch'' werden Epilepsien ohne erkennbare Ursache, aber entweder mit bekannter Genmutation oder anderen Hinweisen (familiäre Häufung, altersbezogener Beginn) auf eine genetische Ursache genannt. Die Bezeichnung ''Idiopathische Epilepsie'' ist eigentlich inkorrekt, da sie auf eine unbekannte Ursache verweist, nicht aber auf eine genetische Disposition. Aus historischen Gründen wird sie jedoch beibehalten.

"Gutartige Epilepsie des Kindesalters mit zentro-temporalen Spikes"
Diese Anfallsart wird auch Rolando-Epilepsie genannt. Sie ist durch schlafgebundene Anfälle mit tonischer Verkrampfung der Gesichtsmuskulatur, vermehrtem Speichelfluss und der Unfähigkeit zu sprachlichen Äußerungen verbunden. Die Sprechstörung kann auch nach Abklingen der Verkrampfung noch einige Minuten fortbestehen, was ein wegweisendes Symptom darstellt. Der Beginn liegt zwischen dem zweiten und zwölften Lebensjahr mit einem Erkrankungsgipfel zwischen dem fünften und neunten Lebensjahr. Im EEG finden sich typische Veränderungen, sogenannte zentro-temporale Sharp waves. Das "gutartige" an diesen Epilepsien bezieht sich darauf, dass sie immer mit Abschluss der Pubertät ausheilen. Mit etwa 10-15 % aller Epilepsien im Kindesalter stellen diese Epilepsien die häufigste Anfallsart im Kindesalter dar.

"Epilepsie des Kindesalters mit occipitalen Paroxysmen"
Diese Epilepsie (1981 erstmals von Gastaut beschrieben) ist wesentlich seltener als die vorbeschriebene. Sie ist durch Anfälle mit visuellen Symptomen gefolgt von motorischen oder psychomotorischen Manifestationen charakterisiert. Das Elektro-Enzephalogramm (EEG) zeigt wiederholte epilepsietypische Entladungen in der Region des Hinterhauptlappens. Die betroffenen Kinder seien sonst normal entwickelt und die Anfälle würden im Erwachsenenalter verschwinden.

"Primäre Leseepilepsie"
Bei dieser speziellen Form werden die Anfälle durch - besonders lautes - Lesen ausgelöst. Auch andere sprachliche Aktivitäten können Anfälle auslösen. Diese äußern sich in Verkrampfungen der Kaumuskulatur und manchmal auch der Arme. Wenn der Reiz nicht unterbrochen wird, können sie sich auch zu generalisierten Anfällen ausweiten. Es besteht eine starke Vererblichkeit. Im Elektro-Enzephalogramm (EEG) finden sich epilepsietypische Veränderungen bevorzugt der linken Scheitel-Schläfenregion. Der Verlauf ist gutartig. Vermeidung der spezifischen Auslösereize stellt die Behandlung dar. Falls notwendig ist auch eine medikamentöse Therapie möglich.

Symptomatische Epilepsien Bei symptomatischen Epilepsien stellen die Anfälle Symptome einer zugrundeliegenden Hirnschädigung dar. Diese Kategorie umfasst sehr unterschiedliche Krankheiten, deren Einordnung auf der Anatomie|anatomischen Lokalisation und den damit verbundenen Anfallsmerkmalen sowie anderen klinischen Merkmalen beruht.

"Anhaltende Teilepilepsie des Kindesalters"
Diese in der Fachsprache Epilepsia partialis continua genannte Form der Epilepsie besteht in Zuckungen einer Körperregion, die stunden- bis monatelang anhalten können. Durch gelegentliche Ausbreitung können sekundär andere Anfallsformen hinzutreten. Sie tritt in Assoziation mit unterschiedlichen Hirnschädigungen (u. a. Durchblutungsstörungen, Neubildungen, Hirnschädigung durch Sauerstoffmangel unter der Geburt) auf. Die Zuckungen einzelner Muskeln sind therapieresistent. In manchen speziellen Fällen können epilepsie-chirurgische Maßnahmen die Anfälle reduzieren.

"Schläfenlappenepilepsie"
Bei dieser Form der Epilepsie (Temporallappenepilepsie) haben die Anfälle ihren Ursprung in definierten anatomischen Strukturen des Gehirns, dem Hippocampus, der Windung um den Hippocampus herum und dem Mandelkern. Sie stellt mit etwa 27 % die häufigste Form der anatomisch klassifizierbaren lokalisationsbezogenen Epilepsien dar. Die Anfälle sind charakterisiert durch meist viszerale Auren mit Aufsteigen unangenehmer Gefühle aus der Magengegend. Sie werden gefolgt von herdförmigen Anfällen mit Bewusstseinsverlust, die sich in schmatzend-kauenden Mundbewegungen, gefolgt von sich wiederholenden Handbewegungen, dann Umhergucken und schließlich Bewegungen des ganzen Körpers. Die medikamentöse Therapie ist bei Temporallappenepilepsien zumindest schwierig, nur etwa ein Viertel der Patienten wird anfallsfrei, bei einem weiteren Drittel wird zumindest eine Abnahme der Anfallshäufigkeit erreicht. In therapieresistenten Fällen stellt auch hier die Epilepsiechirurgie eine Möglichkeit dar.

"Stirnlappenepilepsie"
In der Fachsprache heißen diese Epilepsien Frontallappenepilepsien. Entsprechend der vielfältigen Funktionbereiche des Stirnlappens sind die von ihm ausgehenden Anfälle in ihrem Erscheinungsbild vielgestaltig. Es treten gewöhnlich kurz dauernde, vorwiegend schlafgebundene fokale klonische oder asymmetrisch tonische Anfälle, aber auch komplex ausgestaltete Automatismen bis hin zu Sprachäußerungen auf. Eine nur minimale oder ganz fehlende Verwirrtheit nach dem Anfall spricht ebenfalls für einen Ursprung im Frontallappen. Therapeutisch kommt auch bei den Frontallappenepilepsien nach einer medikamentösen Therapie die Epilepsiechirurgie in Frage, wenn eine definierte Läsion gefunden werden kann.

"Scheitellappenepilepsie"
In der Fachsprache heißt diese Epilepsieform Parietallappenepilepsie. Charakteristisch für diese Form der Epilepsien sind so genannte sensorische Herdanfälle, die sich in Missempfindungen in Form von Taubheitsgefühl, Kribbeln oder Nadelstichen äußern. Eher selten kommt auch anfallsartiger brennender Schmerz, auch als Bauchschmerz oder Kopfschmerz oder einer ganzen Körperhälfte vor. Die Therapie entspricht der bei den anderen symptomatischen fokalen Epilepsien. Liegt eine umschriebene Schädigung des Scheitellappens als Ursache vor, sind die Ergebnisse des epilepsiechirurgischen Vorgehens gut.

"Hinterhauptslappenepilepsie"

Die Hinterhauptslappenepilepsie (Okzipitallappenepilepsie) stellt mit 5-10 % aller symptomatischen fokalen Epilepsien die seltenste Form dar. Typischerweise gehen die Anfälle mit visuellen Halluzinationen in Form anhaltender oder blitzender Flecken oder einfacher geometrischer Figuren, Blindheit und seltener tonischen oder klonischen Augenbewegungen einher.

Kryptogen Epilepsiesyndrome mit herdförmigen Anfällen, für die keinerlei Ursache gefunden wird, werden als kryptogen kategorisiert.

Generalisierte Epilepsien und Syndrome

Bei generalisierten Anfällen ist immer von Anfang an die gesamte Hirnrinde von der elektrischen Anfallsaktivität betroffen. Diese Anfallsformen gehen daher auch immer mit einem Bewusstseinsverlust einher. Sie werden nochmals in sogenannte kleine (Petit-mal, frz. kleines Übel) und große (Grand-mal, frz. ''großes Übel'') Anfälle unterschieden.

Idiopathisch:

"Benigne familiäre Neugeborenenkrämpfe"
Hierbei handelt sich um ein gutartiges (benignes), seltenes, aber gut definiertes autosomal dominant vererbtes Krankheitsbild. Es wurden zwei Loci auf Chromosom 20 und auf Chromosom 8 identifiziert. Ein weiterer, noch nicht identifizierter existiert. Betroffen sind reifgeborene Neugeborene, die am 2. oder 3. Lebenstag 1-3 Minuten andauerende Anfälle mit Atemstillständen (Apnoen), Augenbewegungen sowie tonischen und klonischen Äußerungen zeigen. Die Anfälle hören im Lauf der ersten sechs Lebensmonate auf. Die Kinder entwickeln sich altersentsprechend.

"Benigne Neugeborenenkrämpfe"
Dies ist eine sporadisch auftretende, nicht erblich bedingte Form von Krampfanfällen im Neugeborenenalter, die typischerweise am 5. Lebenstag (engl. fifth-day-fits, Spannweite 3.-7. Lebenstag) auftreten. Sie äußern sich in klonischen Zuckungen und Atemstillständen, nie in tonischen Anfällen. Sie sind durch Medikamente kaum zu beeinflussen, hören aber spontan wieder auf und die Prognose ist gut.

"Benigne myoklonische Epilepsie des Kleinkindalters"
Die benigne myoklonische Epilepsie des Kleinkindesalters stellt mit etwa 0,2 % aller Epilepsien im Kindesalter eine seltene Erkrankung dar. Es wird vermutet, dass es sich um eine frühe Verlaufsform der juvenilen myoklonischen Epilepsie handelt. Sie tritt im Alter zwischen vier Monaten und vier Jahren bei normal entwickelten Kindern auf und äußert sich ausschließlich in kurzen generalisierten Myoklonien. Sie spricht gut auf eine medikamentöse Therapie an und hat dementsprechend eine gute Prognose.

"Absence-Epilepsie des Kindesalters"
Eine andere Bezeichnung ist pyknoleptische Absencen. Diese Epilepsieform ist durch typische kurz (5 bis 15 s) dauernde Abwesenheitszustände (Absencen) mit Bewusstseinsverlust und Erinnerungslücke, die täglich einige bis mehrere hundert Male mit Beginn vor der Pubertät bei sonst unauffälligen Kindern auftreten. Im Verlauf können Grand-mal-Anfälle folgen. Familiäre Häufung, Zwillingsstudien und die Assoziation mit einem Genort auf Chromosom 8 weisen auf eine genetische Ursache dieses Syndroms hin. Die Diagnose wird durch typische Anfallsmuster im Elektro-Enzephalogramm (EEG) gestützt. Die Absencen lassen sich relativ gut medikamentös behandeln. Dementsprechend hat diese Epilepsie eine gute Prognose.

"Juvenile Absence-Epilepsie"
Im Gegensatz zur vorigen Epilepsieform ist dieses Krankheitsbild auch als nicht-pyknoleptische Absencen bekannt. Auch die juvenile Absence-Epilepsie gehört zu den erblich bedingten generalisierten Epilepsien mit altersgebundener Manifestation. Der Beginn fällt zumeist mit dem Beginn der Pubertät zusammen und liegt im Gipfel bei 10-12 Jahren. Die Anfälle gleichen denen bei der Pyknolepsie, sind jedoch weniger häufig und dauern dafür etwas länger an. Etwa 80 % der Patienten haben zusätzlich generalisierte, tonisch-klonische Anfälle, meist nach dem Aufwachen. Die medikamentöse Therapie ist nicht ganz so erfolgversprechend wie bei der Pyknolepsie und dementsprechend die Prognose etwas kritischer.

"Juvenile myoklonische Epilepsie"
Die juvenile myoklonische Epilepsie, auch Impulsiv-Petit-mal-Epilepsie genannt, ist ein erblich bedingtes generalisiertes Anfallsleiden. Die myoklonischen Anfälle zeigen sich in plötzlichen, kurzen, meist beidseitigen Muskelzuckungen, der Schultern und Arme, die vom Patienten bewusst wahrgenommen werden. Sie treten einzeln oder unregelmäßig wiederholt vor allem in den Morgenstunden auf und sind von stark wechselnder Stärke. Bei etwa einem Fünftel der Patienten gehen den myoklonischen Anfällen Absencen und generalisierte tonisch-klonische Anfälle voraus. Bei bis zu 95% der Patienten treten Aufwach-Grand-mal-Anfälle hinzu. Vermeidung von auslösenden Situationen stellt neben krampfdämpfenden Medikamenten ein wichtiges Therapieprinzip dar. Durch die medikamentöse Therapie kann zumeist eine Anfallsfreiheit erreicht werden, sie muss allerdings in der Regel lebenslang durchgeführt werden.

"Aufwach-Grand-mal-Epilepsie" Diese ebenfalls zu den genetisch bedingten Epilepsien gehörende Form manifestiert sich mit einem Häufigkeitsgipfel um das 17. Lebensjahr (Spannweite 6 bis 24). Es treten generalisierte tonisch-klonische Krampfanfälle ohne Aura ausschließlich oder überwiegend in den ersten Stunden nach dem Aufwachen auf. Neben der Vermeidung von Auslösefaktoren gründet sich die Therapie auf die Gabe eines anfallsdämpfenden Medikaments. Die Prognose ist umso günstiger, je jünger die Patienten bei Erkrankungsbeginn sind.

Andere generalisierte Epilepsien:

"Epilepsien mit spezifisch ausgelösten Anfällen"
Bei diesen Epilepsien werden tonisch-klonische Anfälle als Antwort auf spezifische, gut abgrenzbare Reize ausgelöst. Daher heißen sie auch Reflexepilepsien. Sie sind überwiegend idiopathisch. In seltenen Fällen von symptomatischen Reflexepilepsien treten auch fokale Anfälle auf. Zu den auslösenden Reizen gehören überwiegend Flickerlicht und andere visuelle Reize (s. Photosensibilität). Diese seltene Form der Epilepsie liegt vor, wenn Anfälle durch Fernsehen oder Videospiele ausgelöst werden. Bildschirme können durch Hell-Dunkel-Wechsel, durch wechselnde Farbkombinationen und durch Muster bei empfänglichen Menschen epileptische Anfälle provozieren. Durch sehr schnelle Farb- und Hell-Dunkel-Wechsel löste 1997 in Japan die Kindersendung Pokémon bei über 600 Zuschauern ohne epileptische Vorgeschichte, zumeist Kindern, epileptische Reaktionen aus, so dass 200 von ihnen im Krankenhaus übernachten mussten. Ähnliche Wirkungen sind bei Computerspielen möglich. In vielen Handbuch|Handbüchern zu Computerspielen findet sich daher an prominenter Stelle eine Epilepsiewarnung.

Kryptogen oder symptomatisch:

" West-Syndrom"
Beim West-Syndrom, auch Epilepsie mit Blitz-, Nick-, Salaam-Krämpfen genannt, handelt es sich um eine altersgebunden auftretende generalisierte Epilepsie, die fast immer im Säuglingsalter mit Serien von 2 bis 150 kurzdauernden Anfällen beginnt und mit einem typischen Muster im Elektro-Enzephalogramm (EEG), der sogenannten ''Hypsarrythmie'' einhergeht. Die Prognose ist hinsichtlich der insbesondere kognitiven Entwicklung auch bei erfolgreicher medikamentöser Therapie meist ungünstig, wobei dies in der Regel auf bestehende hirnorganische Schädigungen zurückzuführen ist und nicht auf die epileptischen Anfälle selbst.

"Lennox-Gastaut-Syndrom"
Das Lennox-Gastaut-Syndrom ist eine der schwersten Epilepsien des Kindes- und Jugendalters. Es ist durch häufiges Auftreten von verschiedenen generalisierten Anfallsformen, insbesondere von tonischen Sturzanfällen charakterisiert. Es besteht Therapieresistenz und die Patienten haben meist mittelschwere bis schwere geistige Defizite. Die Abgrenzung gegen andere Epilepsiesyndrome ist allerdings häufig schwierig.

"Epilepsie mit myoklonisch astatischen Anfällen"

Die myoklonisch-astatische Epilepsie, auch Doose-Syndrom genannt, beginnt zumeist in den ersten fünf Lebensjahren. Neben den namengebenden astatischen Sturzanfällen durch plötzlichen Verlust der Spannung der Muskulatur, meist eingeleitet von kurzen Zuckungen können auch Absencen und generalisierte tonisch-klonische Anfälle auftreten. Die Patienten sprechen unterschiedlich gut auf die medikamentöse Therapie an und die Prognose kann bei mit häufigen generalisierten tonisch-klonischen Anfällen getrübt sein.

"Epilepsie mit myoklonischen Absencen"
Hierbei handelt es sich um eine spezielle Epilepsie des Kindesalters, bei dem ausschließlich oder überwiegend Absencen auftreten, die von stark ausgeprägten, rhythmischen und beidseitigen Zuckungen vor allem der Schultern und Arme, weniger der Beine, begleitet werden. Im Elektro-Enzephalogramm (EEG) finden sich die auch bei den übrigen Absence-Epilepsien typischen Anfallsmuster. Bei fast der Hälfte der Kinder ist schon vor Beginn der Epilepsie eine geistige Entwicklungsstörung vorhanden. Da ein beträchtlicher Teil der Kinder nicht anfallsfrei wird, kommen im Verlauf der Erkrankung noch etwa ein Viertel dazu. Sprechen die Absencen jedoch rasch und anhaltend auf die Therapie an, bleibt die Intelligenz erhalten.

Symptomatisch Diesen Epilepsien liegt eine nachgewiesene Hirnschädigung zurückliegender (Zustand nach Infektion des Zentralnervensystem, Schädel-Hirn-Trauma, Gefäßerkrankung des Gehirns) oder fortschreitender (Stoffwechselerkrankungen mit Beteiligung des Zentralnervensystems, Tumoren des Zentralnervensystems, chronische Infektion des Zentralnervensystems) Art zugrunde.

Epilepsien und Syndrome, die nicht als lokalisationsbezogen oder generalisiert bestimmbar sind:

"Neugeborenenkrämpfe"
Hiervon spricht man bei streng auf die ersten vier Lebenswochen beschränkten Anfällen, die in den allermeisten Fällen auf eine Schädigung des Gehirns, z. B. durch Infektion, vorübergehenden Sauerstoffmangel oder Unterzuckerung zurückzuführen und somit symptomatischer Natur sind.

"Schwere myoklonische Epilepsie des Kindesalters"

Dieses Krankheitsbild ist extrem selten. Es beginnt bei sonst gesunden Kindern im ersten Lebensjahr mit häufig wiederkehrenden, generalisierten oder halbseitigen Anfällen mit und ohne Fieber, die eher einen verlängerten Verlauf haben. Im zweiten bis dritten Lebensjahr treten einzeln oder in kurze Serien von zwei bis drei Zuckungen vor allem der Rumpfmuskulatur von sehr unterschiedlicher Stärke auf. Die Therapie ist schwierig und die Prognose dementsprechend schlecht.

"Epilepsie mit anhaltenden spike-wave-Entladungen im synchronisierten Schlaf"

Das Besondere an diesem Epilepsiesyndrom ist das Auftreten von durchgehenden generalisierten epilepsietypischen Entladungen im Elektro-Enzephalogramm (EEG) während des gesamten sogenannten synchronisierten Schlafes. In Verbindung hiermit kommt es bei den Kindern zu einem geistigen Abbau sowie einer erheblichen Beeinträchtigung der Sprache und der zeitlichen und räumlichen Orientierung. Es treten häufige und vielfältige Anfälle (einseitige fokale motorische Anfälle, atypische Absencen, atonische Anfälle mit Stürzen, generalisierte tonisch-klonische Anfälle - aber nie tonische Anfälle) mit Beginn im Alter von vier Jahren (im Mittel) auf.

"Aphasie-Epilepsie-Syndrom"
Das Aphasie-Epilepsie-Syndrom ist auch unter der Bezeichnung Landau-Kleffner-Syndrom bekannt. In der ILAE-Klassifikation wird dieses Syndrom von der Epilepsie mit anhaltenden spike-wave-Entladungen im synchronisierten Schlaf getrennt, obwohl vermutet wird, dass beide Syndrome wahrscheinlich nur unterschiedliche Erscheinungsformen ein und derselben Krankheit sind. Allerdings tritt hierbei bei der Mehrzahl der Fälle im Alter von drei bis acht Jahren ein Verlust der Sprachfähigkeit (Aphasie) als erstes Symptom auf. Bei etwa 40% der Kinder äußert sich die Erkrankung zuerst in unterschiedlichen epileptischen Anfällen. Die Prognose ist bezüglich der Anfälle gut, bezogen auf die Sprachfunktion aber durchaus kritisch.

Spezielle Syndrome

"Gelegenheitsanfälle-Fieberkrämpfe"
Unter Fieberkrampf|Fieberkrämpfen versteht man an fieberhafte Infekte gebundene meist generalisierte tonisch-klonische Anfälle im Kindesalter zwischen einem halben und sechs Jahren. Sie sind immer harmlos, bleiben in zwei Drittel der Fälle ein einmaliges Ereignis und gehen auch im Wiederholungsfall nicht mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Epilepsie einher.

"Isolierte Anfälle"
Einzelne Krampfanfälle ohne erkennbare Provokation (wie beispielsweise Alkohol, andere Drogen, Schlafentzug, akute Erkrankungen, Schädel-Hirn-Verletzung) fallen entsprechend der ILAE-Klassifikation ebenfalls unter die sogenannten Gelegenheitsanfälle. Definitionsgemäß liegt hierbei aber noch keine Epilepsie vor.

"Ausschließlich bei akuten Ereignissen auftretende Anfälle"
Zu den möglichen Auslösern gehören beispielsweise Alkohol, Drogen, Schwangerschaftsvergiftung, Schlafmangel, akute Infektionen des Zentralnervensystems oder Schädel-Hirn-Verletzungen. Diese Anfälle zählen auch bei wiederholtem Auftreten zu den Gelegenheitsanfällen und begründen nicht die Diagnose einer Epilepsie.

Ursachen von Epilepsie

Schon der Einteilung der Epilepsien lässt sich entnehmen, dass diese Gruppe von Erkrankungen Ausdruck von unterschiedlichen Krankheitszuständen des Gehirns sein kann und sich keine einheitliche Ursache benennen lässt. Grundsätzlich lassen sich aber drei Gruppen von zugrundeliegenden Ursachen unterscheiden:

- Symptomatische Epilepsien sind die Folge einer nachweisbaren Hirnschädigung (Fehlbildung, Narbe, Tumor o. ä.).

- Bei den idiopathischen Epilepsien liegt eine erbliche Veranlagung zugrunde.

- Findet man keine der beiden vorgenannten Ursachen, nennt man die Epilepsie kryptogen.
Angaben über die relative Häufigkeit der unterschiedlichen Gruppen schwanken von Studie zu Studie und sind natürlich z. B. davon abhängig, mit welchen Untersuchungsmethoden nach Hirnschädigungen gesucht wurde. In der Ära vor Einführung der Computer- oder der Magnetresonanztomografie lag der Anteil der Epilepsien, bei denen man keine Ursache fand entsprechend höher. Aber auch bei den symptomatischen und kryptogenen Epilepsien spielen Erbfaktoren durchaus eine Rolle, wenn auch ihr Beitrag zur Entstehung von epileptischen Anfällen sehr viel geringer ist als bei den idiopathischen Epilepsien.

Pathophysiologie

Obwohl das Wissen über die Entstehung von Epilepsien in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen hat, sind die Zusammenhänge noch immer nur unvollständig verstanden. Zum Auftreten epileptischer Anfälle tragen zum einen eine Übererregbarkeit (Hyperexzitabilität) von Nervenzellen, zum anderen eine abnorme gleichzeitige elektrische Aktivität von größeren Nervenzellverbänden (neuronale Netze) bei. So nimmt man an, dass ein Ungleichgewicht von Erregung und Hemmung in diesen neuronalen Netzen Krampfanfälle entstehen lässt.

Verstärkte Erregung oder verminderte Hemmung können sowohl durch Veränderungen in den Membraneigenschaften der Nervenzellen als auch in der Erregungsübertragung von Nervenzelle zu Nervenzelle durch die Neurotransmitter (Überträgersubstanzen) bewirkt werden. So können sich Defekte in den Ionenkanal|Ionenkanälen für Natrium- und Calciumionen an der Entstehung und Ausbreitung von Anfallsentladungen beteiligen. Als erregende Neurotransmitter sind die Aminosäuren Glutamat und Aspartat beteiligt, die über eine Bindung an NMDA- oder AMPA-Rezeptoren Ionenkanäle öffnen. Gamma-Amino-Buttersäure (GABA) stellt als hemmender Überträgerstoff sozusagen den Gegenspieler dar. Defekte in der Biosynthese, gesteigerter Abbau oder Hemmung dessen Rezeptoren (GABA-Rezeptoren) kann ebenfalls zum Anfallsgeschehen beitragen. Auch die zentral hemmende Wirkung einiger Neuropeptide, wie z. B. Neuropeptid Y und Galanin, wird als körpereigener Mechanismus der Verhütung epileptischer Krämpfe diskutiert.

Die Mechanismen, die dazu führen, dass aus einzelnen Krampfanfällen eine Epilepsie entsteht, sind weitaus komplexer und noch unbekannt. Da die Mehrzahl der Anfälle Einzelereignisse bleiben, scheinen sie nicht zwangsläufig epilepsieauslösende Veränderungen zu verursachen. Allerdings hat das tierexperimentelle Modell des " Kindling" auch die Vorstellung zur Entstehung von Epilepsien beim Menschen geprägt. Unter Kindling versteht man einen dynamischen Vorgang, bei dem die wiederholte Ausübung elektrischer Reize, die noch nicht ausreichen, einen Anfall hervorzurufen, eine zunehmende Verstärkung der Anfallsbereitschaft hervorrufen, bis schließlich Krampfanfälle auftreten. Anschließend bleibt die erhöhte Empfindlichkeit gegenüber dem Reiz bestehen. Klinische Untersuchungen über den Abstand zwischen den Anfällen zu Beginn einer Epilepsie konnten aber zumindest nicht einheitlich zeigen, dass sich die Intervalle verkürzen, weil ein Anfall den nächsten bahnt.

Genetische Befunde bei Epilepsien

In einigen wenigen Fällen wurde durch Stammbäume und molekulargenetische Untersuchungen nicht nur ein Vererbungsmodus, sondern sogar ein Genort für die mutierten Gene festgestellt. Einen Überblick gibt die Tabelle. Als veränderte Genprodukte konnten zum Beispiel spannungsabhängige Kanäle für Natrium-Ionen oder Rezeptoren von Neurotransmittern identifiziert werden.

Außerdem können Epilepsien natürlich auch bei Krankheiten auftreten, denen eine Veränderung des Erbgutes zu Grunde liegt, bei denen das Anfallsleiden aber nur ein Symptom der Erkrankung ist. Beispiele hierfür sind die Tuberöse Sklerose oder das Angelman-Syndrom.

Diagnostik

  • An erster Stelle steht, wie bei allen anderen Erkrankungen auch, die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese). Bei Epilepsie-Patienten sollte hierbei besonderes Augenmerk neben dem familiären Auftreten von Epilepsien und anderen Erkrankungen des Nervensystems auf Vorerkrankungen gerichtet sein, die möglicherweise eine symptomatische Epilepsie verursachen. Dazu gehören Störungen und Risiken in der Schwangerschaft, Probleme unter der Geburt, die zu einem Sauerstoffmangel führen, Unfälle mit Schädel-Hirn-Trauma oder entzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems.
  • Darauf folgt die körperliche Untersuchung insbesondere des Nervensystems mit Untersuchung von Kraft, Gefühl (Sensibilität), Reflexen, Hirnnervenfunktion, Gleichgewicht und Koordination.
  • Laboruntersuchungen aus dem Blut dienen zum einen dem Erkennen von möglichen Ursachen symptomatischer epileptischer Anfälle (z. B. Unterzuckerung, Mineralstoffmangel). Zum anderen überwacht der behandelnde Arzt unter einer medikamentösen Therapie die Menge des Medikamentes im Blut (Medikametenspiegel oder Therapiespiegel) wie auch mögliche Nebenwirkungen (Blutbild mit Blutplättchen, Leberenzyme, Nierenfunktion, Blutgerinnung, Calcium-Phosphat-Stoffwechsel).
  • Durch eine Elektroenzephalografie (EEG) kann die Bereitschaft des Gehirns zu epileptischen Entladungen direkt angezeigt werden. Dazu bekommt der Patient eine Art Kappe mit Elektroden in definierten Abständen aufgesetzt, von denen über einen Wechselspannungsverstärker die elektrische Oberflächenaktivität der Hirnrinde abgeleitet wird. Zur routinemäßigen Ableitung bei der Fragestellung nach einer Epilepsie gehört die Aktivierung mit Hyperventilation und Photostimulation. Im Rahmen der Erstdiagnostik dient das EEG vor allem der Einordnung des Anfalls bzw. der Epilepsie und der Lokalisation des Herdes bei herdförmigen Anfällen. Bei speziellen Fragestellung können auch Langzeitableitungen z. B. über 24 Stunden (Langzeit-EEG) oder Ableitungen mit gleichzeitiger paralleler Videoaufzeichnung des Patienten (Video-Doppelbild-EEG) durchgeführt werden.
  • Dagegen leitet die Magnetoenzephalographie (MEG) die magnetische Aktivität des Gehirns mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung ab. Es handelt sich hierbei aber um eine sehr aufwändige, teure und neue Methode, die vor allem der exakten Lokalisation von epilepsieauslösenden Hirnarealen dient.
  • Die cerebrale Computertomografie (CCT) ist eine spezielle Röntgenschichtuntersuchung und war das erste bildgebende Verfahren, mit dem auslösende gröbere Veränderungen am Hirngewebe gefunden werden konnten. Seine Vorteile liegen in der schnellen Verfügbarkeit und der Wirtschaftlichkeit. Da seine Auflösung der Gewebeveränderungen am Gehirn aber anderen Methoden unterlegen ist, hat sie auch wegen der mit ihr verbunden Strahlenbelastung an Bedeutung verloren.
  • In der Magnetresonanztomografie (MRT oder MRI) werden die Bilder durch wechselnde, starke Magnetfelder erzeugt. Die Darstellung hat eine deutlich höhere Auflösung und einen besseren Kontrast zwischen grauer und weißer Substanz. Für spezielle Fragestellungen insbesondere in der prächirurgischen Diagnostik steht die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRI) zur Verfügung, mit der spezielle Hirnfunktionen den zugehörigen Rindenarealen zugeordnet werden kann.
  • Bei Neugeborenen und Säuglingen kann auch durch eine Ultraschalluntersuchung des Gehirns durch die offene Fontanelle Hinweise auf anatomische Abweichungen gewonnen werden.
  • Mit Positronen-Emissionstomografie, Flumazenil-PET und Single Photon Emission Computed Tomography (SPECT) stehen weitere Spezialverfahren zur Verfügung mit denen vor allem epilepsieauslösende Herde genau lokalisiert und im Falle prächirurgischer Diagnostik neurologische Ausfälle durch die Operation abgeschätzt werden können.

Differentialdiagnose

Da es eine Überschneidung von Symptomen zwischen den Bereichen Epilepsie und Depression gibt, werden vermehrt Fehldiagnosen bemerkt, wobei diese Entwicklung durch die beidseitige wesentlich unterschiedliche Therapie (Antipsychotika führen ohne Antikonvulsiva zu einer Herabsetzung der Krampf-Schwelle; im umgekehrten Fall führen Antikonvulsiva eher selten zu einer Besserung der Symptome einer Psychose) Aufmerksamkeit erfordert.

Neuropsychologie zur Epilepsiediagnostik

Es gibt Verfahren zur Testung des Gehirn der Epilepsiepatienten, mit deren Hilfe sich auch darauf schließen lässt, wo die Epilepsie sitzt, je nachdem ob z.B. Verbalgedächtnis oder Figuralgedächtnis, etc. betroffen sind. Dazu gibt es z.B. Tests bei denen eine Wortliste von 15 Wörtern vorgelesen wird und der Patient soll direkt danach all jene Wörter nennen, die ihm noch einfallen. Dies wird fünf mal wiederholt, wobei der Patient sich jedes Mal mehr Wörter als vorher merken können sollte, da es immer dieselbe Liste ist. Doch durch die Epilepsie oder durch die Medikation kann diese Fähigkeit auch eingeschränkt sein. Danach wird eine zweite Wortliste verlesen, die der Patient wiederholen soll - ein mal. Direkt im Anschluss soll er ohne ein erneutes Verlesen die erste Liste noch einmal nennen. Es werden dann verschiedene weitere Tests gemacht und nach einer halben bis dreiviertel Stunde wird der Patient erneut nach den Worten gefragt. Zuletzt wird eine ganz neue Liste vorgelesen und der Patient soll nur zustimmen, wenn die Worte in der ersten Liste erhalten waren und sonst immer nein sagen. Dies alles dient zur Testung des Verbalgedächtnisses.

Ein ähnliches Verfahren gibt es für das Figuralgedächtnis:


Der Patient bekommt eine Reihe von Bildern gezeigt, die jeweils aus fünf Strichen bestehen und soll danach mit fünf Stäbchen so viele davon nachlegen, wie ihm noch einfallen. Dies wird fünf mal wiederholt,wobei der Patient jedes mal mehr Bilder behalten haben sollte. Zuletzt bekommt er eine größere Menge Bilder gezeigt und soll sagen, welche Bilder beim ersten Mal dabei waren und welche nicht. Dann werden auch semantische und phonematische Wortflüssigkeit getestet: Der Patient soll alle Wörter aufschreiben, die ihm mit einem bestimmten Buchstaben anfangen, wofür er eine Minute Zeit hat. Dies wird mit drei verschiedenen Buchstaben wiederholt. Andererseits soll er im Anschluss alle Begriffe nennen, die ihm zu einem bestimmten Thema (wie Tiere oder Obst) einfallen. Auch dies wieder innerhalb einer Minute. Die Anzahlen der Wörter, die der Patient erreicht hat werden mit Normen verglichen und dann als durchschnittlich/unauffällig oder unterdurchschnittlich/auffällig bezeichnet.
Mit weiteren Tests wie einen Weg möglichst schnell aus einem Strichlabyrinth zu finden oder die Zahlen von 1 bis 25 schnell zu verbinden, können die Neuropsychologen dann Vermutungen anstellen, wo die Epilepsie den Patienten nun also negativ beeinflusst, was zur Ortung dieser beiträgt. Die Ergebnisse werden am Computer ausgewertet, ein Befund verfasst und der wird dann an die behandelnden Ärzte weitergegeben.

Behandlung

Ziel der Behandlung bei Epilepsien ist die völlige Anfallsfreiheit mit möglichst wenigen oder ohne Nebenwirkungen. Bei Kindern soll durch die Therapie darüber hinaus eine unbeeinträchtigte Entwicklung gewährleistet werden. Allen Patienten soll eine Lebensform ermöglicht werden, die den Fähigkeiten und Begabungen gerecht wird. Dabei ist zwischen der Akutbehandlung eines epileptischen Anfalls und der Dauerbehandlung zu unterscheiden. Diese Therapieziele werden in erster Linie durch eine geeignete Pharmakotherapie erreicht. Mit Hilfe einer Monotherapie mit Valproinsäure, Carbamazepin oder einem anderen Antiepileptikum gelingt es in circa zwei Drittel der Fälle, die Anfälle zu kontrollieren. Bei den übrigen Patienten spricht man von einer pharmakoresistenten Epilepsie. Der zusätzlichen Einsatz weiterer Antiepileptika (Add-On-Therapie) führt bei pharmakoresistenten Epileptikern (etwa 10 %) zwar nur selten zur dauerhaften Anfallsfreiheit, jedoch sind Teilerfolge, wie z. B. eine reduzierte Anfallsfrequenz oder mildere Anfallsformen, erzielbar.

Bei pharmakoresistenten Epileptikern sollte ebenfalls frühzeitig geprüft werden, ob sie geeignete Kandidaten für einen epilepsiechirurgischen Eingriff sind. Die Epilepsiechirurgie kann mittlerweile - bei pharmakoresistenten fokalen Epilepsien - die Epilepsie "heilen", wenn das epileptogene Areal im Hirn genau identifiziert werden kann und operabel ist. Die Chance auf Anfallsfreiheit durch einen epilepsiechirurgischen Eingriff liegt je nach Befundkonstellation bei 50-80%.

Zu einem umfassenden Behandlungskonzept gehören auch eine Aufklärung und Beratung bis hin zur Patientenschulung, die Anleitung zur Anfallsdokumentation gegebenenfalls durch Führen eines Anfallstagebuchs und Hilfen zur Integration in Familie, Schule, Beruf und Gesellschaft.

Akutbehandlung

In der Regel ist kein Eingreifen nötig und der Anfall endet nach (maximal) wenigen Minuten von selbst. Viele Epileptiker empfinden es sogar als unangenehm und belastend, wenn bei einem "einfachen"
Anfall der Rettungsdienst gerufen oder gar eine Klinikeinweisung veranlasst wird. Die nötigen Hilfsmaßnahmen bestehen regelmäßig in der Verhinderung von Verletzungen (Abpolstern, Entfernen von umgebenden Gegenständen, kein Festhalten, kein Mundkeil). Auf jeden Fall therapiebedürftig ist der Status epilepticus. Wenn mehrere Anfälle kurz hintereinander erfolgen, sollte dringend ärztliche Hilfe angefordert werden.

Ein akuter epileptischer Anfall kann jedoch auch Medikament|medikamentös durch Antikonvulsiva aus der Gruppe der Benzodiazepine unterbrochen werden. Unter diesen haben sich insbesondere Lorazepam, Diazepam, Clonazepam, Midazolam und Nitrazepam in der Akuttherapie etabliert, wobei Lorazepam die längste antikonvulsive Wirkung hat, bei gleichzeitig geringerer sedierender Wirkung als die anderen Substanzen. Sowohl für Lorazepam als auch für Diazepam gibt es Darreichungformen, die man als Laie entweder in die Wangentasche oder den Enddarm einführen kann. Für die Dauerbehandlung sind diese Arzneistoffe jedoch weniger geeignet, da sie bei regelmäßiger Einnahme insbesondere zu einer psychischen Abhängigkeit führen können.

Dauerbehandlung

Zur Vorbeugung epileptischer Anfälle haben sich in erster Linie Valproinsäure, Carbamazepin und sein Ketoanalog Oxcarbazepin etabliert. Carbamazepin gilt dabei als Mittel der Wahl zur Dauerbehandlung fokaler Anfälle, während Valproinsäure bei der Dauerbehandlung primär generalisierter Anfälle bevorzugt wird. Als Monotherapeutika stehen darüber hinaus die klassischen Breitspektrum-Antiepileptika Phenytoin, Phenobarbital und Primidon mit allerdings recht ungünstigem Nebenwirkungsprofil zur Verfügung. Eine spezielle Gruppe von Epilepsien des Kindesalters, die benignen idiopathischen Partialepilepsien, werden bevorzugt mit Sultiam behandelt. Ihre Effekte erzielen diese Arzneistoffe über eine Erhöhung der Reizschwelle durch Hemmung von Natrium-Ionenkanälen (Valproinsäure, Carbamazepin, Oxcarbazepin und Phenytoin) oder durch eine Aktivierung von GABA-Rezeptoren (Phenobarbital und sein Prodrug Primidon) im Zentralnervensystem.

Da die Monotherapie epileptischer Erkrankungen bei einem Teil der Patienten nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führt, kann eine Therapie unter Verwendung eines Zusatztherapeutikums mit einem ergänzenden Wirkmechanismus erwogen werden. Als Zusatztherapeutika haben sich die GABA-Analoga Gabapentin, Tiagabin und Vigabatrin, welche die GABA-Konzentration im Gehirn erhöhen, etabliert. Alternativ stehen die Ionenkanal hemmenden Suximide Mesuximid und Ethosuximid, Lamotrigin, Felbamat und Topiramat zur Verfügung.

Nach längerer Zeit der Anfallsfreiheit - wenigstens zwei Jahre - kann in Abhängigkeit vom Risiko des Wiederauftretens von Anfällen und den möglichen psychosozialen Auswirkungen erneut auftretender Anfälle einerseits und den wahrgenommenen Beeinträchtigungen durch die Therapie andererseits auch ein ausschleichendes Beendigen der medikamentösen Therapie erwogen werden. Zahlreiche Studien haben das Risiko des Wiederauftretens von Anfällen nach Beendigung der Medikamenten-Behandlung untersucht. Zusammengefasst besteht eine Chance von etwa 70% für eine dauerhafte Anfallsfreiheit ohne Medikamente wenn
  • eine Anfallsfreiheit von 2-5 Jahren bestand,
  • nur ein Anfallstyp bestand,
  • eine normale Intelligenz und ein normaler neurologischer Befund besteht und
  • sich das Elektroenzephalogramm unter der Therapie normalisiert hat.

Sonstige Methoden der Epilepsiebehandlung

Alternative pharmakologische Maßnahmen Neben den im eigentlichen Sinne krampfunterdrückenden Arzneistoffen gibt es für verschiedene schwer behandelbare Epilepsien noch weitere medikamentöse Behandlungsansätze. Beim West-Syndrom hat sich die Behandlung mit ''ACTH'' (adrencorticotropes Hormon aus der Hirnanhangdrüse, das die Nebennieren zu vermehrter Produktion von Cortison stimuliert) oder Corticosteroiden direkt als wirksam erwiesen. Diese nebenwirkungsreiche Behandlung (u. a. Bluthochdruck, Verdickung der Herzmuskulatur mit eingeschränkter Pumpfunktion, Nierenverkalkung, Diabetes mellitus) wird auch beim Landau-Kleffner-Syndrom, der myoklonisch astatischen Epilepsie und dem Lennox-Gastaut-Syndrom mit unterschiedlichen Erfolgsaussichten eingesetzt.

Die Beobachtung, dass bei epilepsiekranken Kindern mit Heuschnupfen eine Injektion von ''Immunglobulinen'' zu einer Verbesserung des Anfallsleidens führte, hat dazu geführt, auch diese systematisch anzuwenden. Warum Immunglobuline bei Epilepsie überhaupt wirksam sind, ist noch unklar. Auch fehlen noch Kriterien, die bei der Vorhersage helfen, bei welchen therapieschwierigen Epilepsien diese Therapie erfolgversprechend ist. Eine Übersichtsarbeit, die 24 Studien zusammenfasste, konnte bei erheblich unterschiedlicher Behandlungsdauer und Dosierung in den einzelnen Behandlungen insgesamt eine Anfallsfreiheit von etwa 20% und ein Reduktion der Anfallshäufigkeit von etwa 50% zeigen.

Ketogene Diät Ausgehend von der seit Jahrhunderten bekannten Erfahrung, dass bei Menschen mit Epilepsie ''Fasten'' vorübergehend zu einer Anfallsfreiheit führte, wurde seit 1921 mit einer Diät mit sehr hohem Fett- und geringem Kohlenhydrat- und Eiweißanteil zur Erzeugung einer anhaltenden Stoffwechsellage mit überwiegender Fettverbrennung und Bildung von Ketonkörpern (Ketose) der biochemische Effekt des Fastens imitiert. Diese sogenannte ketogene Diät erwies sich bei Epilepsiepatienten als effektiv. Der genaue Wirkmechanismus ist dabei bis heute nicht geklärt. Zahlreiche Studien konnten aber zeigen, dass etwa ein Drittel der behandelten Patienten anfallsfrei werden und etwa ein weiteres Drittel eine deutliche Reduktion der Anfälle um mindestens die Hälfte erfährt. Sie ist aus praktischen Gründen besonders gut für Kinder von 1-10 Jahren geeignet, aber auch bei Jugendlichen und Erwachsenen wirksam. Am besten scheinen myoklonische und atonische Anfälle, weniger gut generalisierte tonisch-klonische und fokale Anfälle und am schlechtesten Absencen anzusprechen. Die Diät soll normalerweise zwei Jahre lang durchgeführt werden, bei einem Teil der Patienten hält der erzielte Effekt über die Beendigung hinaus an. Als Nebenwirkungen können zu Beginn Erbrechen, Durchfall, Verstopfung und Diätverweigerung auftreten. Insbesondere bei zusätzlichen akuten Erkrankungen kann sich eine Übersäuerung des Körpers einstellen. Das Risiko für die Bildung von Nierensteinen ist erhöht. Häufig zeigt sich auch eine teilweise massive Erhöhung der Blutfettwerte. Die mögliche Langzeitauswirkung auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen lässt sich nicht abschätzen. Besonders bei schwer verlaufenden Epilepsien stellt die ketogene Diät eine wirksame Behandlungsalternative dar.

Epilepsiechirurgie Wenn trotz optimaler Wahl der Antiepileptika in höchster ertragbarer Dosierung keine befriedigende Anfallskontrolle erreicht wird, die Auswirkungen der Anfälle auf die Lebensqualität und die Nebenwirkungen der Medikamente auf die geistigen Fähigkeiten und das Verhalten sehr gravierend sind und eine strukturelle Läsion des Gehirns als ursächlich für die Anfälle nachgewiesen werden kann, kommt auch eine chirurgische Therapie des Anfallsleidens in Frage (Epilepsiechirurgie). Hierzu muss in sorgfältigen und ausgedehnten Untersuchungen vor dem Eingriff (prächirurgische Diagnostik) das anfallsauslösende Areal exakt lokalisiert und die funktionelle Beeinträchtigung nach Verlust des entsprechenden Hirngewebes abgeschätzt werden.

Vagusnervstimulation Hierbei wird durch einen elektrischen Stimulator, der mit Batterie an der Brustwand eingesetzt wird, entweder in festen Intervallen oder auf Aktivierung durch den Patienten bei Anfallsvorgefühl der Nervus vagus|Vagusnerv mit elektrischen Strömen gereizt. Dieser leitet die Erregung ins Gehirn weiter. Dadurch kann die Anfallsfrequenz gesenkt werden. Als Nebenwirkungen können lokale Schmerzen oder Missempfindungen, Veränderungen der Stimmlage, Luftnot, Übelkeit und Durchfälle auftreten. Obwohl der Vagusnerv auch direkt den Herzmuskel versorgt und an der Steuerung der Herzfrequenz beteiligt ist, wurde nicht über Veränderungen der Herzfrequenz berichtet.

Verhaltenstherapie (mit oder ohne Biofeedback) kann den Betroffenen ermöglichen, auf Vorzeichens eines Anfalls zu reagieren und diesen zu verhindern oder abzumildern. Heutzutage wird versucht die Epilepsie durch eine ganzheitliche Sozialmedizin zu behandeln. Hier wird insbesondere Ausdauersport und eine weniger strenge Behütung des Patienten empfohlen. Viele Hunde können den epileptischen Anfall eines Familienmitglieds vorher erkennen. Daher versucht man neuerdings gezielt Epilepsiehunde auszubilden.

Tod bei Epilepsie (SUDEP)

Als SUDEP (englisch: sudden unexpected death in epilepsy) wird ein plötzlicher unerwarteter Tod bei Epilepsie bezeichnet.

In einer Studie wurden folgende Risikofaktoren identifiziert:
  • jüngeres Lebensalter
  • symptomatische Epilepsien mit nachweisbarer Gehirnveränderung
  • männliches Geschlecht
  • niedrige Serumkonzentration der eingenommenen Antiepileptika
  • generalisierte tonisch-klonische Anfälle
  • Schlaf
Die Forschung nach Todesursachen von Epilepitkern und die Erfassung ihrer Mortalität ist in Deutschland noch wenig ausgeprägt, weshalb nur wenige Informationen hierzu in der Literatur zu finden sind.

Von den Menschen mit Epilepsie liegt die Sterblichkeitsrate bei 600 von 100.000 Personen pro Jahr, bei Neubetroffenen bei 60 von 100.000 Personen pro Jahr. Das Risiko für einen SUDEP liegt bei etwa 50 von 100.000 bis 100 : 100.000 Personen pro Jahr; liegt eine schwere Epilepsie und/oder eine neurologische Beeinträchtigung vor, sind es sogar 500 zu 100.000 Personen pro Jahr.

In Großbritannien wird die Zahl der an oder in Folge von Epilepsie gestorbenen Menschen mit 1000 pro Jahr angegeben. Es wird geschätzt, dass es sich bei den meisten dieser Todesfälle um SUDEP handelt.

Psychosoziales

Obwohl viele Menschen mit Epilepsie durch medikamentöse Behandlung kaum noch Anfälle haben, können die Beeinträchtigungen groß sein. Es kann sich hierbei um objektiv vorhandene Beeinträchtigungen handeln wie Medikamentennebenwirkungen. Es kommen jedoch psychologische Faktoren hinzu. Einen Grand-mal-Anfall in der Öffentlichkeit oder am Arbeitsplatz gehabt zu haben, ist einfach unangenehm. Epilepsie unterscheidet sich von anderen "Volkskrankheiten" wie Diabetes dadurch, dass ihr ein Stigmatisierung|Stigma anhaftet. Dies kann subjektiv immer noch der Fall sein, wenn auch die Einstellung in der Bevölkerung glücklicherweise sich verbessert hat. Der Informationsstand ist jedoch, bedingt dadurch, dass Epilepsie in den Medien praktisch nicht präsent ist, immer noch unzureichend.

Tatsache ist, dass der Arbeitslosenanteil unter den Menschen mit Epilepsie weit überproportional ist, selbst überproportional unter den Menschen mit Behinderungen allgemein. Dieser hohe Anteil ist nicht allein mit objektiv vorhandenen Leistungsverminderungen zu erklären.

Das Spektrum der Erkrankung ist jedoch sehr groß: es reicht von Formen mit guter Prognose und wenigen Anfällen bis zu Formen mit hoher Anfallsfrequenz und eintretenden Gehirnschädigungen. Auch wenn Menschen mit Epilepsie in etlichen Lebensbereichen auch heute noch auf Schwierigkeiten stoßen, führen sie meist ein relativ normales Leben.

Geschichte

Die Epilepsie ist so alt wie die Menschheit und gehört zu den häufigsten chronischen Krankheiten überhaupt. Da das Erscheinungsbild bei epileptischen Anfällen spektakulär sein kann, sind Epilepsiekranke im Lauf der Geschichte sowohl positiv wie negativ stigmatisiert worden.

So galten Epilepsiekranke in manchen antiken Kulturen als Heilige, da ihnen der (scheinbare) Übergang in Trancezustände so leicht fiel. Bereits im Reich der ägyptischen Antike und zur Zeit des babylonischen Königs Hammurabi war die Epilepsie bekannt und gefürchtet. Altägyptische Hieroglyphen für das Wort Anfallsleiden sind "Wasser", "gefalteter Stoff", "zwei Schilfblätter" und "Brotlaib", umrahmt von der "Kobraschlange" am Anfang, die "Ausspruch einer Gottheit" bedeutet, und dem "schlangenden Mann" am Ende, der "Feind, Tod" darstellt. Bei den Griechen galt die Epilepsie als "heilige Krankheit", "als Besessensein von der göttlichen Macht". Rund vierhundert Jahre vor Christus schrieb jedoch der Griechen|griechische Arzt Hippokrates (etwa 460?375 v. Chr), dass das Gehirn für die "heilige Krankheit" verantwortlich sei. Im antiken Rom mussten angehende Soldaten bei ihrer Musterung durch ein rotierendes Wagenrad in eine Lichtquelle (zum Beispiel die Sonne) schauen. Erlitten sie einen Anfall, wurden sie ausgemustert.

Im Mittelalter wurde ein Anfall häufig als "Angriff von oben", als göttliche Strafe oder "dämonische Besessenheit" interpretiert und konnte für den Betroffenen schwerwiegende Konsequenzen haben, wie beispielsweise einen Exorzismus. Im 17. und 18. Jahrhundert erhielt die Epilepsie allmählich wieder ihren Stellenwert in der Reihe der übrigen Krankheiten, doch erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelang es wissenschaftlich zu beweisen, dass die Epilepsie einen natürlichen Ursprung hat.

In der Zeit des Nationalsozialismus galten Epilepsiekranke wie viele andere "Behinderte" als "unwertes Leben".

Es gab über alle Zeiten berühmte Epileptiker, wie beispielsweise Alexander den Großen, Julius Cäsar, Mohammed, Napoleon, Gustave Flaubert, Dostojewski, Agatha Christie, Molière, Leonardo da Vinci, Michelangelo, Vincent van Gogh, Georg Friedrich Händel, Niccolò Paganini, Alfred Nobel, Rudi Dutschke und einige Philosophen. Mit Pius IX. (1792-1878) gelangte ein Epileptiker sogar auf den Papststuhl, obwohl Personen mit einer Epilepsie lange Zeit als Besessene verfolgt waren.

Recht

Hat ein Mensch öfter epileptische Anfälle und kann auch durch Behandlung nicht über mindestens ein halbes Jahr anfallsfrei bleiben, dann darf er kein Auto fahren oder eine Tätigkeit verrichten, die ihn selbst oder andere gefährdet. Epilepsiekranke haben daher auch größere Probleme mit der Berufswahl und sollten neben einem Spezialisten für Neurologie auch manchmal einen Facharzt für Arbeitsmedizin konsultieren.

Betroffene einer Epilepsie haben in Deutschland die Möglichkeit, auf Antrag einen Schwerbehindertenausweis zur Gewährung steuerlicher und beruflicher Nachteilsausgleiche zu erhalten.


Ja nach Art und Häufigkeit der Anfälle können auch die Ausweismerkmale "RF" (Befreiung von Rundfunk- und Fernsehgebühren), "B" (ständige Begleitung erforderlich) oder andere zuerkannt werden.
Ein Anfallsleiden gilt als abgeklungen, wenn ohne Medikamente drei Jahre Anfallsfreiheit besteht. Ohne nachgewiesenen Hirnschaden ist dann kein GdB mehr anzunehmen.

Viele Berufsunfähigkeitsversicherungen und auch Unfallversicherungen verweigern die Aufnahme von Epilepsieerkrankten, wenn diese nicht mindestens zwei Jahre anfallsfrei sind.

Epilepsie bei Haustieren

Auch bei Haustieren kommt Epilepsie vor. Am häufigsten betroffen sind hiervon Hunde, etwas seltener erkranken Katzen, sehr selten Kaninchen. Bei Pferden ist eine Häufung bei Arabern beschrieben. Aufgrund der anderen Nervenschaltungen im Tierhirn wird allerdings häufig vom "epileptiformen Anfall" gesprochen. Wie beim Menschen unterscheidet man idiopathische (etwa 80%) und symptomatische Epilepsien sowie partielle und generalisierte Anfälle.

Partielle Epilepsie

Bei der partiellen oder fokalen Epilepsie wird zwischen einfachen, komplexen und Anfällen mit sekundärer Generalisation unterschieden. Die einfachen fokalen Anfälle stellen sich häufig lediglich als unkontrollierte Bewegung einzelner Gliedmaßen oder Muskelgruppen, Kiefernschlagen oder Kopfschütteln dar. Im Fall einer rein sensorischen oder vegetativen fokalen Epilepsie sind meist gar keine Anfälle zu bemerken. Komplexe Anfälle stellen sich infolge der hiermit einhergehenden Bewusstseinsstörung als Verhaltensauffälligkeiten dar: neben unmotiviertem Bellen, Kauen, Lecken, Aggressivität und Zuckungen bestimmter Körperteile (z. B. Ohren, Gesicht) wird häufig das Symptom des "Fliegenschnappens" oder Drangwandern (zwanghaftes Im-Kreis-Laufen) beobachtet. Eine Abgrenzung zu besonderen individuellen Verhaltensmustern von gesunden Hunden ist häufig schwierig.

Generalisierte Epilepsie

Generalisierte Anfälle werden in verschieden Gruppen unterteilt: Absencen (extrem selten), Myoklonien, tonische Anfälle, klonische Anfälle, tonisch-klonische Anfälle (s. o.). Der häufigste Anfallstyp ist der tonisch-klonische Grand-mal-Anfall. Er wird beim Hund in verschiedene Phasen unterteilt:
  • Prodromalstadium: Gekennzeichnet durch feine Wesensveränderungen, Starren ins Leere, Schnüffeln. Dieses Stadium kann mehrere Stunden bis Tage dauern, fehlt oft oder wird vor einem Anfall übersehen.
  • Aura: Sie ist oft schwierig von den anderen Phasen abgrenzbar und zeichnet sich durch ausgeprägtes Angstverhalten wie Ruhelosigkeit, Schreckhaftigkeit, Anhänglichkeit oder Bellen aus. Ihre Dauer beträgt wenige Sekunden bis einige Minuten.
  • Iktus: Der eigentliche Anfall. Er beginnt häufig mit örtlichen Zuckungen, welche später in generalisierte Krämpfe mit tonisch-klonischen Zuckungen, Kieferschlagen, Speicheln, unkontrolliertem Harn- und Kotabsatz und Bewusstlosigkeit übergeht. Meist dauert diese Phase einige Sekunden bis Minuten. Ein Iktus von einer längeren Dauer als 30 Minuten oder zwei oder mehr hintereinander folgende Krampfanfälle ohne zwischenzeitliches Wiedererlangen des Bewusstseins werden als Status epilepticus bezeichnet.
  • Postiktus: Über einige Minuten bis hin zu Tagen währt dieses Stadium, in welchem das Tier Erschöpfungssymptome zeigt. Gelegentliche Desorientierung, Heißhunger und unmotivierte Aggressivität sind ebenfalls möglich.

Rassedisposition

Bei der idiopathischen Epilepsie der Hunde ist eine Rassen- oder familiäre Disposition teilweise nachgewiesen worden.

Bei folgenden Rassen ist das Auftreten einer Epilepsie häufiger: Golden Retriever, Cocker-Spaniel, Pudel, Bernhardiner, Irish Setter, Zwergschnauzer, Rauhhaar-Foxterrier, Dackel, Border Collie und Großer Schweizer Sennenhund.

Anfälle vom Lafora-Typ beim Beagle und beim Basset werden durch eine Ansammlung von Glykoproteinen im Zentralnervensystem verursacht. Bei Keehonds ist ein autosomal-rezessiver Erbgang beschrieben. Bei anderen Rassen, wie Deutscher Schäferhund|Deutscher und Belgischer Schäferhund, Golden Retriever, Labrador Retriever, Beagle, Berner Sennenhund, Boxer (Hund) |Boxer und Vizsla, ist ein komplexer Erbgang nachgewiesen.

Differentialdiagnose

Differentialdiagnostisch müssen verschiedene Krankheiten ausgeschlossen werden. Bei Hunden handelt es sich hierbei vor allem um kardial bedingte Synkopen, Lebererkrankungen (hepatoenzephales Syndrom) und Infektionskrankheiten (Hund: Staupe, Katze: FIP). Die Liste der weiteren Differentialdiagnosen kann nach dem Akronym VETAMIN D abgearbeitet werden.

Therapie

Infolge begrenzter finanzieller oder diagnostischer Möglichkeiten wird oft nach Abklärung der wichtigsten Differentialdiagnosen eine "diagnostische Therapie" durchgeführt. Mittel der ersten Wahl ist in der Tiermedizin nach wie vor das Phenobarbital, da die neueren humanmedizinischen Antiepileptika beim Hund kurze Halbwertszeiten aufweisen und häufig eingenommen werden müssten. Kaliumbromid ist ebenfalls ein gut wirksames Medikament zur Behandlung der Epilepsie bei Hunden. Beide Präparate werden auch in Kombination eingesetzt. Bei Therapieversagen ist die Verabreichung von Gabapentin, Primidon (toxisch für Katzen) oder Felbamat überlegenswert. Bei Katzen ist das Medikament der ersten Wahl Diazepam oder Phenobarbital. Die Therapie mit den Antiepileptika muss in den meisten Fällen lebenslang erfolgen und hat bei korrekter Einstellung eine relativ gute Prognose.

Im Falle des Vorliegens eines Status epilepticus ist Diazepam Mittel der ersten Wahl. Zu beachten ist hierbei, dass es sich beim Status epilepticus um einen lebensbedrohlichen Notfall handelt, der sofortiger Behandlung bedarf. Der Tierbesitzer kann zu Hause mit rektalen Einläufen eines diazepamhaltigen Klistiers oder vorsichtiger oraler Verabreichung von Diazepamtropfen "Erste Hilfe" leisten, um anschließend den Tierarzt schnellstmöglich aufzusuchen.


Die Informationen dienen der allgemeinen Weiterbildung. Sie können in keinem Falle die ärztliche Beratung, Diagnose oder Behandlung ersetzen.
Bei gesundheitlichen Beschwerden sollten Sie ärztlichen Rat einholen.

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