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Atypischer Gesichtsschmerz
Der atypische Gesichtsschmerz ist eine Ausschlussdiagnose, die in den 1920er eingeführt wurde, um eine Unterscheidungsmöglichkeit zwischen der Trigeminusneuralgie und anderen Schmerzformen im Gesicht-Schädelbereich zu haben. Es handelt sich dabei um einen Schmerz, der kontinuierlich vorhanden ist, einen dumpf-drückenden Charakter aufweist und meist einseitig auftritt.
Epidemiologie
- Frauen sind häufiger als Männer betroffen
- Häufigkeitsgipfel: mittleres Lebensalter
- Bei Betroffenen werden gehäuft eine Depression|depressive Verstimmung, eine Tendenz zur Somatisierung, Zwanghaftigkeit und Ängstlichkeit gefunden.
Symptome
Entsprechend der IHS-Kriterien (Klassifikation 1988) wird das Vorliegen der folgenden Kriterien zur Diagnosestellung gefordert:
- keine organische Läsion nachweisbar
- täglich auftretender Schmerz, der den größten Teil des Tages vorhanden ist
- Schmerz ist einseitig in einem umschriebenen Gebiet lokalisiert
- dumpf-drückender Charakter
- keine Gefühlsstörungen oder andere Neurologie|neurologische Defizite vorhanden
- apparative Untersuchungen des Gesichtsbereichs sind unauffällig
Der Schmerz kann im Verlauf der Erkrankung die Seite wechseln oder beidseitig auftreten. Es handelt sich um einen Dauerschmerz, der sehr häufig im Bereich des Oberkiefers, der Auge, der Nase und der Stirn lokalisiert ist. Nachts sind die Betroffenen meist verschont, sprich der Schmerz stört nicht den Schlaf. Definitionsgemäß dürfen einschießende Schmerzen und Triggerpunkte (wie bei der Trigeminusneuralgie) nicht vorhanden sein.
Pathogenese
Die Pathogenese ist unklar, nichtzuletzt weil sich hinter dieser Diagnose verschiedene Schmerzsyndrome versammeln.
Es bestehen folgende Hypothesen zur Pathogenese:
- psychogene Ursache (Lascelles et al., 1996; Feinmann et al., 1984)
- Verletzung terminaler Nerven nach multiplen ausgedehnten Operationen im HNO- und ZMK-Bereich.
- Nach lokalen operativen Eingriffen kann sich die atypische Odontalgie entwickeln, bei der ein dem Phantomschmerz entsprechender Pathomechanismus vermutet wird (Türp et al., 2001).
- Atypischer Gesichtssschmerz als Teil eines generalisierten Schmerzsyndroms.
Differentialdiagnose
Es müssen alle anderen Ursachen eines Schmerzsyndroms im Gesicht ausgeschlossen werden. Der atypische Gesichtsschmerz stellt (lediglich) eine Ausschlussdiagnose dar!
Therapie
Es können keine Empfehlungen ausgesprochen werden, die auf hoher Evidenz basieren.
Folgendes Wissen um eine optimale Therapie spiegelt den aktuellen Stand der Dinge wider:
- Chirurgische Eingriffe führen zu keiner Verbesserung der Schmerzsymptomatik - im Gegenteil führen sie meist zu einer Verschlimmerung der Beschwerdesymptomatik und sind deshalb obsolet.
- Therapieversuche mit Trizyklisches Antidepressivum|trizyklischen Antidepressiva (analog zur Trigeminusneuralgie) können durchgeführt werden.
- Verhaltenstherapeutische Verfahren werden empfohlen.
Ziel:
Abbau von Ängsten und Erreichen einer realistischen Einschätzung der Schmerzqualität sowie Schmerzbewältigung (Paulus et al., 2002).
- Die einzigen beiden Medikamente, die in Studien systematisch untersucht wurden (Phenelzin und Dothiepin) sind in Deutschland nicht zugelassen. Es handelt sich dabei um Antidepressiva.
Bei der medikamentösen Therapie mit Analgetika ist darauf zu achten, daß sie sinnvoll und dosiert eingesetzt werden, da die Gefahr eines medikamenteninduzierten Kopfschmerzes nicht zu vernachlässigen ist!
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