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Ohr
Ohren allgemein
Viele Tiere haben Ohren, Aufbau und Platzierung der Ohren sind bei den verschiedenen Arten jedoch ganz unterschiedlich.
Bei Heuschrecken sitzen die Ohren am Hinterleib, bei Zikaden an den Beinen und bei Mücken an den Fühlern. Einige Eidechsen- und Salamanderarten hören mit Brustkorb und Lunge. Nicht immer sind äußere Ohren vorhanden, wenn der Gehörsinn vorhanden ist, zum Beispiel bei Schlangen und einigen Robbenarten.
Der Hörbereich (Hörzone) des menschlichen Ohrs reicht von etwa 16 Hertz bis maximal 20.000 Hertz im Alter von 2-5 Jahren, wobei im Alter das Hörvermögen für hohe Frequenzen nachlässt. Unter anderem können Elefanten noch tiefere Frequenzen wahrnehmen, den so genannten Infraschall, während eine Reihe von Tieren, zum Beispiel Hunde, Delfine und Fledermäuse noch wesentlich höhere Frequenzen (den Ultraschall) hören können.
Eine Aufgabe der Ohren ist die Orientierung im Raum, das heißt Schallquellen zu Lokalisation (Akustik)|lokalisieren, also deren Richtung und Entfernung zu bestimmen. Seitlich einfallender Schall erreicht das zugewandte Ohr eher als das abgewandte und ist dort lauter, da das abgewandte Ohr durch den Kopf abgeschattet wird. Diese Laufzeitdifferenzen und Pegeldifferenzen zwischen beiden Ohren werden vom Gehirn ausgewertet und zur Richtungsbestimmung genutzt.
Darüber hinaus erzeugt die Ohrmuschel je nach Richtung spezifische Spektrum|spektrale Veränderungen des Frequenzgangs, die ebenfalls ausgewertet und zur Richtungsbestimmung benutzt werden.
Viele Lebewesen, wie auch der Mensch, können zwar vorhandene Schallquellen lokalisieren, benötigen aber zur Orientierung noch den Gesichtssinn. Dem gegenüber nutzen insbesondere Delfine und Fledermäuse den Gehörsinn zu einem vollständig entwickelten Orientierungssystem. Beide stoßen hochfrequente Töne aus (bis 200 kHz) und orientieren sich anhand des Echos. Dieses aktive Verfahren zur Orientierung nennt man Ortung. Bei den Fledermäusen hat das Gehör die Augen praktisch ersetzt, die in der Dunkelheit von keinem großen Nutzen sind.
Das Ohr des Menschen
Aufbau
Beim Menschen wird das Ohr in drei Bereiche eingeteilt:
- Das '''Außenohr''' umfasst die Ohrmuschel, das Ohrläppchen und den äußeren Gehörgang. Es dient in erster Linie dem Einfang des Schalls und in zweiter Linie der richtungs- und frequenzabhängigen Filterung.
- Zum '''Mittelohr''' gehört das Trommelfell und die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss und Steigbügel ). Die eustachische Röhre, auch Tube genannt, verbindet Mittelohr und Rachen|Nasenrachenraum. Im Mittelohr findet eine mechanische Impedanzwandlung statt, die eine optimale Übertragung des Signals vom Außenohr zum Innenohr ermöglicht.
- Das '''Innenohr''' besteht aus der Gehörschnecke, in der der Schall in Nervenimpulse umgesetzt wird, und dem Labyrinth, das als Gleichgewichtsorgan dient. Gehörschnecke und Labyrinth sind ähnlich gebaut: Beide sind mit einer Flüssigkeit (Endolymphe) gefüllt und besitzen Haarzellen, bei denen feine Härchen in die Flüssigkeit reichen. Durch Bewegungen der Flüssigkeit werden die Härchen gebogen und lösen dabei Nervenimpulse aus. Diese Haarzellen sind zylinderförmig und haben ihren Namen von etwa 30 bis 150 haarartigen, aus Stereozilien bestehenden Fortsätzen am oberen Ende der Zelle. Am unteren Ende befindet sich eine Synapse mit einem sensorischen Neuron. Diese schüttet schon im Ruhezustand Neurotransmitter aus. Wird nun durch Wendung oder Beschleunigung der Haarfortsatz in Richtung der längsten Stereozilie ausgelenkt, vermehrt sich die Menge der Neurotransmitter. Die Haarfortsätze im Gleichgewichtsorgan sind mit einer Art Gallertschicht überzogen, auf die Calciumkarbonat aufgelagert sind, wodurch die Auswirkung von Bewegungen verstärkt werden soll.
Die Wahrnehmung von akustischen Signalen wird wesentlich davon bestimmt, wie Schallschwingungen auf ihrem Weg vom Außenohr über das Mittelohr hin zu den Nervenzellen des Innenohrs jeweils umgeformt und verarbeitet werden.
Eigenschaften
Das menschliche Gehör kann akustische Ereignisse nur innerhalb eines bestimmten Frequenz- und Schalldruckpegelbereichs wahrnehmen. Zwischen der Hörschwelle und der Schmerzschwelle liegt die Hörfläche.
Die Empfindlichkeit des Ohrs ist außerordentlich. Aber ebenso die Toleranz gegenüber Lärm.
Der leiseste wahrnehmbare Schalldruck ist etwa 20 Mikro-Pascal (2·10-5 Pa), das entspricht ''Lp'' = 0 dBSPL Schalldruckpegel. Diese Schalldruckveränderungen ''Δ p'' werden über das Trommelfell übertragen und im Ohr-Gehirnsystem zum Höreindruck gewandelt. Weil das Trommelfell als Sensor mit dem Ohrsystem die Eigenschaften eines Schalldruckempfängers hat, beschreibt der Schalldruckpegel als Schallfeldgröße die Stärke des Höreindrucks am Besten. Die Schallintensität J in W/m2 ist als Schallenergiegröße hingegen nicht geeignet den Höreindruck zu beschreiben; aufgrund der komplexen Impedanz des Außen- und Mittelohres bei gleichem Schalldruckpegel. Gleiches gilt sinngemäß für die Schallschnelle.
Die Schallleistung, die das menschliche Gehör aufnimmt, ist äußerst gering. Der leiseste wahrnehmbare Schall erzeugt eine Leistung von weniger als 10-17W im Innenohr. Innerhalb einer zehntel Sekunde, die das Ohr braucht, um dieses Signal in Nervenimpulse umzusetzen, wird durch eine Energie von etwa 10-18Joule schon ein Sinneseindruck erzeugt. Daran wird deutlich, wie empfindlich dieses Sinnesorgan eigentlich ist.
Die Schmerzgrenze liegt bei über 120 dBSPL, das ist der millionenfache Schalldruck des kleinsten hörbaren. Dennoch oder gerade deswegen ist das Ohr sehr empfindlich, vor allem das Innenohr nimmt bei lautem Schalldruck Schaden.
Krankheiten
Das menschliche Ohr kann auf verschiedenartige Weisen erkranken, die jeweils sehr spezifisch sind für den betroffenen Teil des Ohres. Das Außenohr ist durch seine relativ dünne Haut im Gehörgang und in der Ohrmuschel empfänglich für Infektionen mit Bakterien oder Pilzen. Diese führen zur häufig beobachteten Ohrenentzündung oder Otitis. Durch geschwächte Abwehr und mangelhafte Behandlung kann die Infektion auf den Knochen, der den Gehörgang umgibt, übergreifen und eine Vereiterung desselben verursachen. Man spricht dann von einem Cholesteatom, das nur operativ behandelt werden kann.
Auch das Mittelohr kann von einer Entzündung und Vereiterung betroffen sein. Diese erzeugen oft einen Überdruck im Mittelohr, weil die Eustachische Röhre anschwillt und die Entzündungsprodukte nicht abfließen können. Durch den Überdruck entsteht am Trommelfell eine Dehnung, die große Schmerzen verursacht. Durch die Infektion können auch die Gehörknöchelchen angegriffen und zerstört werden. Das Mittelohr kann weiterhin durch sehr große Schalldrücke beschädigt werden, wie sie bei Explosionen entstehen. Zusammen mit den anderen hieraus entstandenen Schäden spricht man vom Knalltrauma.
Die häufigsten Erkrankungen des Innenohres treten im Zusammenhang mit dauerhafter Lärmbelastung und Knalltraumata auf. Hierbei werden zuerst die äußeren und später auch die inneren Haarzellen geschädigt. Die Umwandlung der mechanischen Reize in Nervenimpulse ist dann nicht mehr möglich und eine Schwerhörigkeit stellt sich ein. In diesem Zusammenhang tritt auch oft Tinnitus auf. Weiterhin ist das Innenohr Ziel von vor allem viralen Infektionen, wie Meningitis, Masern und Mumps.
Siehe auch: Otosklerose.
Zur Diagnostik von Erkrankungen des Ohres stehen neben den allgemein üblichen Methoden der Medizin wie Röntgenuntersuchungen, serologischen und visuellen Untersuchungen auch eine Vielzahl von Hörtests zur Verfügung. Die Techniken zur Untersuchung der Hörfähigkeit werden unter dem Begriff Audiometrie zusammengefasst. Ein Ergebnis eines Hörtests, der das Hörvermögen bei verschiedenen Frequenzen untersucht, nennt sich Audiogramm. Aus diesem lässt sich meist die Hörschwelle ablesen.
Richtungshören beim natürlichen Hören
Um Richtungen wahrzunehmen, wertet das Gehör Laufzeit- und Pegeldifferenzen zwischen beiden Ohren aus. Zusätzlich werden beim natürlichen Hören die Spektrum|spektralen Veränderungen ausgewertet, die richtungsabhängig durch das eigene Außenohr erzeugt werden. Dabei werden zur Abschätzung von Entfernungen spektrale Eigenschaften des Schalls und (in Räumen) das Verhältnis zwischen Direktschall und reflektiertem Schall ausgewertet.
Um das Richtungshören zu Hörversuch|testen und um akustische Signale auf die Auswirkungen auf die seitliche Richtungsauslenkung zu untersuchen, werden oft beiden Ohren unterschiedliche Test-Signale über Kopfhörer angeboten. Dieses nennt man Lateralisation. Gegenstand der Untersuchung ist hier meistens der Einfluss von Laufzeitdifferenzen (ITD) und Pegeldifferenzen (ILD) auf das Richtungshören.
Lokalisation gilt dagegen für die Richtungs- und Entfernungszuordnung eines Hörereignisses beim natürlichen Hören und beim Lautsprecherhören. Die maximale Laufzeitdifferenz (Laufzeitdifferenz) ITD zwischen den Ohren entspricht etwa ''? t'' = 0,63 ms = 630 µs, was dem Ohrabstand, also einer Schallwegstrecke von d = ''? t / c'' = 21,6 cm bei einer Schallgeschwindigkeit von c = 343 m/s bei 20 °C entspricht.
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