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Psychotraumatologie

Die Psychotraumatologie beschäftigt sich mit den Erscheinungsformen, den Ursachen und den Folgen seelischer Verwundungen und den prädiktiven, präventiven und interventionistischen Regeln, die sich aus diesem Studium ergeben.

Ein Psychotrauma ist eine seelische Wunde, die auf ein traumatisierendes Ereignis oder deren mehrere zurückgeht, bei dem im Zustand von extremer Angst und Hilflosigkeit die Verarbeitungsmöglichkeiten des Individuums überfordert waren. Fischer und Riedesser definieren in ihrem Lehrbuch der Psychotraumatologie" (München, 1998) den Begriff "Psychotrauma" wie folgt: "... ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungsmöglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt (S. 79).

Solch ein traumatisierendes Ereignis führt bei etwa 20% der Betroffenen zu posttraumatischen Belastungsstörungen. Posttraumatische Belastungsstörungen sind ein lange bekanntes und gut beschriebenes Krankheitsbild. Diagnostiziert wird die posttraumatsiche Belastungsstörung jedoch erst seit 1980, mit ihrer Aufnahme in die 3. Version des Diagnostisch und statistischen Manuals psychischer Störungen (DSM - III). Die drei diagnostischen Kriterien sind Intrusionen, Vermeidung und Übererregung.
Unter Intrusionen fallen auch die sogenannten "Flashbacks". Dabei kommt es auch lange nach dem Ereignis zu sich aufdrängenden extrem unangenehmen Wiedererinnerungen an das Ereignis, so als laufe es wie in einem Film noch mal ab. Auch in Träumen kann sich die intrusive Symptomatik widerspiegeln. Die Vermeidung ist gekennzeichnet dadurch, dass die Person Dinge, Situationen und sogar Gefühle, die an das Trauma erinnern bewusst und unbewusst vermeidet. Die psychovegetative Übererregung wie starke Angst, Beklemmung und Schreckhaftigkeit zusammen mit körperlichen Symptomen gehören zum Symptomenkomplex Hyperarousal.

Für die Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung gibt es mittlerweile sehr gut evaluierte, hoch wirksame Therapieverfahren kognitiv-behavioraler wie psychodynamisch/psychoanalytischer Orientierung: so z.B. Verfahren der kognitive Verhaltenstherapie bzw. Verhaltenstherapie und psychoanalytische Verfahren wie die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie nach Luise Reddemann oder die Mehrdimensionale Psychodynamische Traumatherapie nach Gottfried Fischer. Weite Verbreitung hat auch EMDR gefunden.

Die Psychotraumatologie bleibt aber nicht ohne Kritik:

In der wissenschaftlichen Psychotherapie gehen einige Forscher davon aus, dass psychisch ausgelöste Erkrankungen vor allem durch langdauernde Konflikte und sehr viel seltener durch akute Ereignisse ausgelöst werden. Dabei geht man davon aus, dass diese Konflikte von den Betroffenen nicht angemessen gelöst werden können, weil sie auf Grund ihrer Entwicklungsgeschichte nicht die notwendigen Fähigkeiten und Eigenschaften dazu entwickeln konnten.

Abweichend davon geht man in der Psychotraumatologie davon aus, dass die Bedeutung von psychischen Traumata größer ist. Die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung wird dabei ausgeweitet, aufgrund von neueren Studienergebnissen die zeigen, dass nach einem schrecklichen Ereignis auch solche Patienten, welche die Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung nur teilweise erfüllen, einen erheblichen Leidensdruck haben können und Behandlung benötigen. Von Kritikern wird angemerkt, dass der einseitige Blick der Psychotraumatologie verhindert, dass der Patient persönliche, entwicklungsbedingte Schemata und Muster korrigiert und lernt, Konflikte anders zu lösen.
Andererseits zeigen neuere neurobiologische Studien, dass traumatische Erfahrungen zu erheblichen dauerhaften Veränderungen im Gehirn führen können, die dann gerade ein "Verlernen" traumatischer Muster des Erlebens und Verhaltens verhindern.


Die Informationen dienen der allgemeinen Weiterbildung. Sie können in keinem Falle die ärztliche Beratung, Diagnose oder Behandlung ersetzen.
Bei gesundheitlichen Beschwerden sollten Sie ärztlichen Rat einholen.

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