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Bibliotherapie
Bibliotherapie bedeutet "Therapie mit Hilfe von Büchern", sehr selten auch "von Büchern" (d.h. Wiederherstellung beschädigter Bücher, siehe Buchkonservierung).
Dass von Büchern eine Heilwirkung ausgehen kann, ist eine sehr alte Selbstverständlichkeit: "Lesen heilt" stand über dem Eingang zumindest einer Bibliothek der Antike. Zahlreiche Anthologien und Sprüchesammlungen über das Buch und das Lesen beschreiben die heilsame Wirkung.
Auch Schreiben als Therapie / Erfahrungsberichte /therapeutisches Schreiben, malen und musizieren, sowie Sportarten und Spiele prägen die klinische Beschäftigungstherapie und auch Selbsttherapie mit.
Während heute in den USA und Skandinavien Bibliotherapie in Kliniken, Schulen, Gefängnissen, Rehabilitationszentren, Beratungsstellen, Kinder- und Altersheimen gezielt eingesetzt wird, ist Deutschland im Vergleich hierzu noch ein Entwicklungsland -- auch wenn gute Buchhändler und Bibliothekare und andere, die den Leser und seine Bedürfnisse kennen, bibliotherapeutisch wirken, ohne das eigens so zu nennen. Eine jahrzehntelange Analyse von Biografien Betroffener führt Erika Schuchardt zu dem Modell einer Spirale, in dem persönliche Unterstützung u. U. weit über Buch und Schreiben hinaus notwendig wäre.
Eingesetzte Literaturformen
Nach Anstett und Poole (1983) kommen in der Bibliotherapie drei Formen von Literatur zum Einsatz: Imaginative Literatur, d.h. Therapie mit Hilfe von Dichtung und Fiktion, Schicksalsberichte, d.h. Therapie mit Hilfe von Berichten Betroffener, die emotionale und Selbsthilfeaspekte beinhalten und Selbsthilfe- und Problemlösebücher, d.h. Therapie mit Hilfe von Büchern, die eine Veränderung im emotionalen Befinden bewirken. Meist sind diese Bücher auf ein konkretes Problem wie etwa Ängste, Rauchen und Übergewicht bezogen, aber es gibt auch vereinzelt allgemeine problemunspezifische Problemlösebücher.
Therapieformen
Bibliotherapie kann als therapeutisches Instrument nach Glasgow und Rosen (1978) in drei Formen vorgegeben werden: Im therapeutisch angeleiteten Programm klärt der Patient in regelmäßigem Kontakt zum Therapeuten Informationen aus dem bibliotherapeutischen Material. Im minimalen Kontaktprogramm ist der Kontakt zwischen Patient und Therapeut zeitlich begrenzt. Der Patient arbeitet primär mit dem bibliotherapeutischen Material. Der minimale Kontakt besteht meist aus wöchentlichen Telefonanrufen, schriftlicher Korrespondenz oder gelegentlichem Zusammentreffen. Im Selbsthilfeprogramm ist das schriftliche Programm Grundlage der Behandlung, der Patient arbeitet das bibliotherapeutische Material in eigenem Rhythmus mit selbstgesetzten Zielen durch.
Insbesondere die Verhaltenstherapie setzt bibliotherapeutische Materialien zur Therapiebegleitung ein. In ihrer sozialwissenschaftlich-statistischen Dissertation haben die beiden Diplom-Psychologen Rolf Merkle und Doris Wolf überprüft, in wieweit emotionales und körperliches Befinden durch ein strukturiertes Problemlösebuch auf der Basis der kognitiven Verhaltenstherapie, das als Selbsthilfeprogramm und unter therapeutischer Anleitung eingesetzt wird, positiv beeinflusst werden können.
Klienten, die das strukturierte Problemlösebuch "Gefühle verstehen, Probleme bewältigen" als therapeutisches Begleitmaterial zur Therapie erhielten, schilderten eine Zunahme an Gelassenheit, Aktivität, allgemeinem Wohlbefinden und eine Abnahme an Introversion, Empfindlichkeit und Erregtheit. Im kognitiven Bereich verbesserte sich Tendenz zu katastrophieren, wohingegen sich im körperlichen Allgemeinbefinden keine Veränderungen bemerkbar machten. Über 50% der Patienten betrachteten das Problemlösebuch als Unterstützung zur Therapie und 40% haben es mehr als zweimal im Untersuchungszeitraum gelesen.
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