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Sepsis
Die Sepsis (Blutvergiftung) ist eine krankhafte und fatale Reaktionsweise des Organismus auf eine unkontrollierbare Infektion, die darauf beruht, dass sich Bakterien, seltene Pilze, Virus|Viren oder Parasiten aus einem örtlichen, infektiösen Fokus (z. B. Wunde) durch den Blutkreislauf auf den ganzen Körper ausbreiten. Dem Wirtsorganismus gelingt es nicht, die Entzündungsantwort lokal zu begrenzen. In der Folge entstehen weitreichende Störungen komplexer Körperfunktionen, wie Kreislaufversagen, Störungen der Blutgerinnung, der Nierenfunktion und anderes.
In Deutschland sterben jährlich ca. 80.000 Menschen an Sepsis, in Österreich ca. 15.000.
Abgrenzung
Entgegen der oft vertretenen Ansicht ist ein roter Strich, der sich von einer Wunde in Richtung Herz ausweitet kein Anzeichen für eine Sepsis, sondern für eine Lymphangitis (Entzündung der Lymphbahnen). Diese kann sich zwar zur Sepsis entwickeln, wenn sie sich bis in den Blutkreislauf ausbreitet, hat aber sonst nichts mit einer Blutvergiftung im Sinne der Sepsis zu tun.
Man unterscheidet zwischen einer systemischen Entzündungsreaktion (SIRS) und der Sepsis. Das SIRS (Systemisch-inflammatorisches Reaktionssyndrom) ist die Allgemeinreaktion des Organismus auf eine immunologisch-entzündliche Provokation. Von einer Sepsis spricht man, wenn eine definitive Ursache für die Provokation in Form eines lokalen Infektionsherdes existiert und mindestens zwei der SIRS-Kriterien zutreffen.
Definition und Diagnostik
Der Sepsis liegt ein Versagen des Immunsystems zugrunde. Pathogen|Pathogenetisch grundlegend ist das Eindringen (Invasion) von Erregern oder von deren Toxinen in den Kreislauf. Das Resultat dieses Vorganges hängt von drei Faktoren ab:
- Zahl, Pathogenität und Virulenz der Erreger
- Status der körpereigenen Abwehrmechanismen
- Reaktion des Wirtsorganismus
Von Seiten des Wirtsorganismus wird heute eine initiale Reaktion von Monozyten und Makrophagen als gesichert angesehen. In deren Folge kommt es zur Freisetzung und Wirkung von Zytokinen (Tumor-Nekrose-Faktor (TNF), Interleukinen und Interferonen) und Lipidmediatoren (Thromboxan, Prostaglandine, Leukotriene und Plättchen agglutinierender Faktor (PAF)). Direkt ursächlich für die Kreislaufdestabilisation sind u.a. Gerinnungsstörung, Hemmung kathecholaminsensitiver Rezeptoren, Endothelzellschädigung und eine exessive NO-Freisetzung.
Dabei sind bei septischer Reaktion auf gramnegative Keime v.a. Makrophagen, bei grampositiven Keimen T-Lymphozyten maßgeblich.
Zur Diagnosestellung Sepsis ist der Nachweis eines Erregers in Blutkultur, Luftröhre|Trachealabstrich oder anderswo erforderlich. Durch den Einsatz des Procalcitonin-Testes kann die Sepsis früh erkannt werden.
Eine weitere Möglichkeit zur Früherkennung besteht durch die Bestimmung von Interleukin-6 oder Interleukin-8 und LBP (Lipopolysaccharid bindendes Protein). IL-6 als Hauptvermittler der Akutphase Reaktion und LBP zur Differenzierung von bakteriellen und viralen Infektionen.
Bei Neugeborenen fällt die Sepsis oft durch Apathie und Trinkschwäche, blassen Teint und Blutdruckabfall mit kompensatorischer Steigerung der Herzfrequenz auf. Zur Diagnosesicherung kann man IL-6 oder IL-8 und CRP bestimmen.
Zusammenfassend: SIRS ist die unspezifische Systemreaktion, unter deren Zeichen ein Patient auffällig wird. Werden diese Zeichen gefunden, muss nach einem infektiösen Fokus gesucht werden. Gelingt es, in einem Untersuchungsverfahren Erreger (z. B. Blutkultur, Tachealabstrich usw.) oder den Fokus direkt nachzuweisen, so ist die Diagnose Sepsis gestellt. Dieser Befund hat therapeutische Konsequenzen (u.a. in der Verwendung von Antibiotika).
Klassifikation
Es werden 3 Schweregrade der Sepsis unterschieden:
- Sepsis: Es existieren nur Symptome, wie bei SIRS beschrieben. Eine Infektion ist nachgewiesen (z. B. Blutkultur, nachgewiesenes Empyem)
- schwere Sepsis: Organbeteiligung (z. B. Nierenversagen)
- ''septischer Schock'': schwerste Form mit Kreislaufversagen. Für den septischen Schock wird eine Letalität von 46-82% angegeben
Therapie
Die schwere Sepsis mit Organbeteiligung und der septische Schock erfordern Behandlungsmethoden der Intensivmedizin.
Gesicherte (Evidenz basierte) Methoden sind:
- Sanierung des Fokus (z.B. auf chirurgischem Wege)
- Antibiotika nach Antibiogramm (Resistenzprüfung)
- reichliche Volumenzufuhr (kristalloide > kolloide Flüssigkeiten) zur Einstellung eines ZVD >8-12mmHg 1,2 und Einstellung eines arteriellen Mitteldruckes auf > 90mmHg (wenn nötig mit Dobutamin 1 und/oder Noradrenalin 4) 1,2. Die zentralvenöse Sauerstoff-Sättigung (wenn gemischtvenös nicht zur Verfügung steht) soll auf mindestens 70% eingestellt bzw. gehalten werden 1.
- optimale Hämoglobin|Hb-Konzentration mit Hämatokrit > 30%. ggf. Gabe von Erythrozytenkonzentraten 2
- Beatmung mit Tidalvolumen von 6ml/kgKG 1 (Lungenprotektion). Strategie des "Open-Lung-Konzeptes" mit Einstellung des PEEP oberhalb des Inflektionspunktes 3 mit Vermeidung der closing volume-Wirkung.
- intensivierte Insulintherapie d.h. engmaschiges Monitoring und strenge Einstellung des Blutzuckers aufWerte von 80-110 mg/dl (4,4-6,1 mmol/l).
Weitere Therapieempfehlungen:
- Drotrecogin (Biotechnologisch rekombinant hergestelltes humanes aktiviertes Protein C) zur Modulation des Gerinnungssystems. Diese Therapieoption ist relativ neu und sehr teuer. Die Anwendung von Drotrecogin soll die Mortalität um 6% senken (dh.: es müssen 16 Patienten behandelt werden, damit einer von ihnen auf der Grundlage von Drotrecogrin überlebt!). In 5 werden die Voraussetzungen für eine Drotrecogrin-Therapie genannt:
- Vorliegen eines SIRS
- Vorliegen einer bakteriellen Infektion, möglichst gesichert durch eine Procalcitonin-Bestimmung (PCT)
- Multiorganversagen durch Sepsis
- Standardtherapie ist bereits eingeleitet.
- Hydrocortison bei Insuffizienz der Nebennierenrinde (klare Therapieempfehlung mit Evidenz, es gibt sinnvolle Anwendungstrategien 1,5). Praktiker geben 3
- 100mg Hydrocortison und finden ein besseres Ansprechen auf Kathecholamine (Dobutamin, Noradrenalin) im septischen Schock.
Die jeweiligen Organbeteiligungen bei der schweren Sepsis erfordern oft supportive organersetzende Maßnahmen. Dazu gehören wie oben genannt die Beatmungstherapie und Nierenersatzverfahren.
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