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Vertigo
Vertigo ist der Medizin|medizinische Fachausdruck für Schwindel.
Unter Schwindel im medizinischen Sinne versteht man das subjektive Empfinden eines Drehgefühls oder Schwankens oder das Gefühl der drohenden Bewußtlosigkeit. Definiert wird Schwindel im medizinischen Sinne als wahrgenommene Scheinbewegung zwischen sich und der Umwelt. Man unterscheidet u.a. Dreh-, Schwank-, Lift-, Bewegungs- und unsystematischen Schwindel. Außerdem wird eine Kreislaufschwäche oft Schwindel genannt.
Ursachen von Vertigo
Schwindel entsteht häufig aus widersprüchlichen Informationen von am Gleichgewichtsempfinden beteiligten Sinnesorganen wie Augen, Gleichgewichtsorganen der Innenohren sowie Muskel- und Gelenkrezeptoren. Dies wird von der abstrakt wirkenden Definition (s.o.) exakt abgebildet.
Das Gleichgewichtsorgan im Innenohr ist ein Sensorium für Dreh- und Linearbeschleunigung und eng mit Reflexen verbunden.
Eine Linearbeschleunigung wird in den in horizontaler und vertikaler Ebene stehenden Macula sacculi und utriculi registriert. Die Sinneshaare dieser Rezeptoren sind in eine durch Kristallkörnchen, so genannte Otolithen, beschwerte Matrix eingebettet. Bei Beschleunigung in der Ebene der Macula bleibt diese aufgrund ihrer Trägheit zurück und führt zu einer Auslenkung der Sinneshaare. Durch die Erdbeschleunigung kann mit diesen Rezeptoren auch die Lage des Kopfes im Raum bestimmt werden.
Drehbeschleunigungen werden von den Bogengängen registriert - jeweils 3 miteinander verbundene,
senkrecht zueinander stehende, ringförmige Gefäße mit Lymphflüssigkeit und Sinneshaaren. Durch eine Drehbeschleunigung in der Ebene des jeweiligen Bogenganges wird die Endolymphflüssigkeit in Bewegung gesetzt und lenkt die Sinneshaare aus. Bei länger anhaltenden Drehbewegungen "gewöhnt" man sich an diese, sobald sich die Lymphe durch Reibung ebenso dreht wie der Bogengang.
Bei Aufhören der Drehbewegung rotiert die Flüssigkeit weiter und ruft den Eindruck einer entgegengesetzten Drehung hervor. Die reflektorische Reaktion darauf kann nicht unterdrückt werden, auch wenn das Auge die wahre Bewegung zeigt. Der Widerspruch der Sinnesorgane erzeugt Verwirrung oder Desorientierung. Piloten müssen deshalb beim Instrumentenflug lernen, der Anzeige von Navigationsgeräten mehr zu trauen als ihrem Eindruck.
Erkrankungen des Gleichgewichtssystems (peripher: Innenohr + Gleichgewichtsnerv / zentral: Hirnstamm + Kleinhirn + Großhirn) können Ursache für Schwindelempfindungen sein: vestibulärer Schwindel. Oft wird Schwindel begleitet von vegetativen Reaktionen des Körpers wie Übelkeit, Erbrechen, Schweißausbruch, Herzbeschleunigung und Kollaps.
Beispiele (nach Häufigkeit):
- gutartiger Lagerungsschwindel (benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel)
- Erkrankungen des Innenohres (Vestibulopathie)
- Menier'sche Erkrankung (Morbus Meniere)
- Entzündung des Gleichgewichtsnerven (Neuritis vestibularis)
- seltener auch Durchblutungsstörungen (Kleinhirninfarkt), Tumoren (Akustikusneurinom), mechanische Schädigungen (traumatischer Labyrinthausfall bei Felsenbeinfraktur) usw. mit Beteiligung des Gleichgewichtssystems
- beschrieben wurde auch ein migräne-assoziierter Schwindel
Für nicht-vestibulären Schwindel sind eine Vielzahl weiterer Ursachen möglich, unter anderem Vorstufen von Ohnmachtsanfällen (Prä-Synkope) bei Hypotonie (niedrigem Blutdruck), psychogener Schwindel (ohne organische Ursache), Herzrhythmusstörung|Herzrhythmusstörungen, wahrscheinlich auch Blockaden der Halswirbel. Weitere Schwindelursachen können psychiatrische Erkrankungen (Depressionen, Angstzustände, Psychosen) sein.
Gerätetaucher erfahren manchmal Vertigo, wenn sie in große Tiefen unter sich blicken. Dabei hilft es, sich an stationären Objekten festzuhalten.
Untersuchungen bei Schwindel
Zur Abklärung von Schwindel müssen Patienten oft von mehreren Fachärzten untersucht werden. Wenn der Hausarzt (Allgemeinmedizin, Innere Medizin) die Einordnung nicht ausreichend treffen können, sollten Fachärzte für HNO oder Neurologie konsultiert werden. Unter Umständen sind auch Ärzte für Kardiologie oder Psychiatrie sinnvoll.
Starker Schwindel erfordert manchmal die Einweisung in ein Krankenhaus.
Folgende Untersuchungsverfahren werden angewandt:
immer:
- Anamnese = Krankengeschichte erheben (klärt bis zu 90% der Diagnose!)
- körperliche Untersuchung
- Blutdruck, Puls (dann ggf. Elektrokardiogramm schreiben)
- Untersuchung der Augenbewegungen Nystagmus)
- Gleichgewichtsprüfung + Gehörprüfung
- Koordinationsprüfungje nach Untersuchungsbefund technische Zusatzuntersuchungen:
- Gehörprüfung (Audiometrie)
- Gleichgewichtsprüfung (Vestibularistest)
- gelegentlich Bildgebung (Computertomografi, Magnetresonanztomografie)
- selten auch Sonografie, Elektroenzephalographie oder Evozierte Potentiale
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